Familiengeschichten

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Leidensgeschichte einer schwäbischen Heimatvertriebenen
 


  Es begab sich zur Zeit von Kaiser August dem 35., als das österreichische Großfürstentum gerade auf Schachbrettbreite erweitert worden war, da begab sich Josef von un zu Kartoffelsterz aus seiner Wiener Heimat auf Gesellenreise ins ferne Germanien. Weit ist er nicht gekommen, als er auf die Großherzogfamilie Figel von der Weidenbrauerei traf, deren hübsches Töchterlein gerade dem Turm entronnen war.

  Nach einem festlichen Mal zeigte gerade dieses schüchterne Töchterlein dem Wiener Gesell ihre selbstgestickten Tisch- und Taschentüchlein. Der Wiener Geselle malte sich derweil aus, wie er seine güldenen Ringlein auf selbstgestickten Kissen aus rotem Samt besser dem König zeigen könnte. Also zog er mit dem schüchternen Töchterlein weiter seines Weges, inmitten der Kriegswirren des 3. Reiches. So sehr verehrte er sein Trüdelchen, daß er von seinem großösterreichischen Glauben abschwor und die germanisch-schwäbische Gemeindebürgerschaft annahm. Nach dem Kriege endlich war es soweit. Klein-Trüdelchen und Holzköpfchen-Beppi feierten Hochzeit mit allem Prunk, lebende Speisen liefen zum festlich gedeckten Rosenthal-Tische, Schwarz-Töffelchen mit sechsbeinigen Linsen vereinten sich lustig in den linksdrehenden Jo-Kurt-Kulturen.
 

11.05.1948 Hochzeit der Eltern


  Oh weh, wie wurde dann Klein-Trüdelchen geplagt, als der Geselle - voll des Tatendranges - schon wieder von dannen zog in die Gefilde der eidgenössischen Zünfte. An dem großen See der vier Wälder ließ man sich nieder, Trüdelchen kam dann zweimal nieder. Brathering und Backfisch hießen die Kleinen, die das große Luzern dann unsicher machten. Diese Mentalität widersprach jedoch eidgenössischer Hof- und Hauskunst. Da verkleckerten die zwei Plagen die blank gebohnerten Holzstiegen, die unter der Last der rekordverdächtigen Wäsche-Wasch-Aufhäng-Aktionen von Trüdelchen doch arg ächzten und knarrten, was wiederum das Mittagsschläfchen der Mitbewohner arg störte. Dies konnte sich die schweizerische Obrigkeit nicht länger bieten lassen, so daß er Holzköpfchen-Beppi und die Seinen aus dem Schweizer Ländchen verbannte.

  In dem darauffolgenden Erholungsurlaub in der Kurklinik vom Adler-HochIandkäse wurde endlich der langerwartete Puddinghalter Eberhard von Karlsberg zur Welt. So richtig war er jedoch nicht nach dem Geschmack der Familienoberhäupter, denn er wurde regelmäßig - bei Wind und Wetter - in seinem offenen Sportwagen nach Balkonien abgeschoben.

  Holzköpchen-Beppi wurde das Gekreische am heimischen Herd nun doch zuviel, so daß er wieder mal das Weite suchte. Diesmal fand er in der Nähe des Domsteines zum schwarzen Portal bei Treveris eine neue Werkstatt, wo er seinem güldenen Gewerbe frönen konnte. In dieser glücklichen Zeit bescherte ihm Trüdelchen dann seinen 2. Stammhalter, der jedoch später nichts besseres im Sinn hatte, als ihn - den königlichen Meister - um die blauen Tiefen der häuslichen Seenplatte zu jagen.

  Dies war allerdings schon zu den Eurener Zeiten, als Fürst Beppi schon sein eigenes Schlößchen in gemeinsamer Arbeit erbaut hatte. Während im Schweiße ihres Angesichtes die vier Nachkömmlinge noch die Feinarbeiten an dem Schloßpark erledigten, zog sich Fürstin Trüdelchen ab und zu zu Kuren etwas zurück.

 

1957 Familie Novak im Urlaub


  Just in diesen Zeiten versuchte Fürst Beppi seinen Nachkömmlingen die Kunst wienerische Küche - Kartoffelsterz, Erdäpfelstampfergulasch und Papierfischen -beizubringen. Da dies weniger von Erfolg gekrönt blieb, machte er sich wieder auf Wanderschaft ins Westfälische.

  Nun blühte neben Trüdelchen auch die Rasselbande auf, wobei sich die drei älteren der Nachkömmlinge zunächst mit dem Versilbern von gefundenem Altglas und mit handgestempelten Schmuckkarten über Wasser hielten. Prinzessin Margret I. versuchte sich neben pädagogischen Lehren auch der rengsdörfischen Tanzkünste. Prinzessin Mary II. verliebte sich nach anfanglichen Verirrungen in napoleonischen Unterkünften in ein niederbayrisches Posthörnchen, der eigentlich in Stuttgart die große Goldprinzessin gesucht hatte. Prinz Karolus der Nullte, versuchte sich in priesterlichen Gewölben, fand dort den Wein und ward lange Zeit nicht mehr gesehen. Hermann von Zweitakter suchte nach neuen Treibstoffen in Kupferleitung, mußte jedoch die Erfahrung machen, daß sich Zweiräder unter Wasser auch nicht konservieren lassen. Während er dann vom heimischen Lichtnetz enttäuscht im Schwabenländle neue Ideen suchte, machte sich Prinz Karolus auf die Suche nach einem kurvenfesteren Fahrzeug, das auch spät nachts alleine den Weg ins Bergische Land fand. Dabei lief er so vielen Gaunern über den Weg, daß er dabei auch noch seine neue Arbeit fand.

  Nun waren das Fürstenpaar wieder alleine. Während Holzköpchen-Beppi eine eigene Goldgrube im heimischen Reuland-Reich eröffnen wollte, zog es Fürstin Trüdelchen wieder ins Reich der Hexenkünste und Wunderheiler. Doch die Zeit hatte sich gewandelt, aber Trüdelchen - pfiffig wie eh und jeh - zog in das unermeßliche Reich der Beutelschneider und Seelenverkäufer ein, wo sie sich eine Lebenstellung ergatterte und damit der heimischen Leere entfloh.

  Zwischenzeitlich hatte sich Fürst Beppi zur Ruhe gesetzt. Im Anflug eines vierten Frühlings versuchte Holzköpchen-Beppi seinem Trüdelchen mit einem heißen Ofen zu imponieren. Genervt durch die permanenten Abflüge bei den Kavalierstarten wandte sich Trüdelchen dem zweirädrigen Fürsten ab und suchte eine neue Heimat inmitten gleichgesinnter Wanderfreunde.

  Während ihre Wanderschaften immer weitläufiger und abenteuerlicher wurden, bettete sich Holzköpchen-Beppi zur letzten Ruhe.

  Nun erfüllte sich Trüdelchen noch einige Jugendträume, der Boden ihres Salons wurde holzvertäfelt, die Wasseraufbereitung ihrer Bäder wurde elektrisiert, ihre Schlafkemenate wurde mit Berberteppischen ausgelegt, ihr heißgeliebter Gasherd einen neumodischen elektrischen Nebenbuhler und ihre Hausangestellten endlich eine Dachwohnung.

  Nachdem ihre Hausangestellten endlich durchgehend ihr Schlößchen pflegen konnten, begab sie sich auf Erkundigungstouren durch die ganze weite Welt.

  Nun haben wir lange genug in der Mottenkiste gekruschelt und möchten nun einige persönliche Worte an unsere Fürstin Trüdelchen richten:
 

  75 lange, erfüllte Jahre, ach du Schreck
die Jugend und der Lack sind weg.

Knochen krachen, Muskeln schmerzen,
manchmal hast Du's mit dem Herzen

doch das eine sollst Du wissen
ohne Dich da wär'n wir aufgeschmissen

Für alles was Du tatest, hab Dank
bleib gesund und werd nicht krank

Du bist doch unser bestes Stück
und wir wünschen Dir viel Glück !!
 

2010 Traueranzeige

Letzte Aktualisierung: 08.08.2010

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