Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (11. Oktober 2020)
 
Wo wohnt Karl Lauterbach
 

Dinge der Woche: Ganz gleich, ob man ihn mag oder nicht: Ein Corona-Talk im Fernsehen ohne den führenden Medizinmann der ehemaligen Sozialdemokratie ist nicht des Hinschauens wert.

   Es wäre mal wieder an der Zeit, ein Loblied auf die Wissenschaft anzustimmen. Der Nobelpreis für Medizin geht an den Entdecker des Hepatitis-C-Virus. Der für Physik unter anderem an den deutschen Reinhard Genzel für Arbeiten an Schwarzen Löchern. Die anderen in dieser Woche verkündeten Nobelpreise sparen wir uns, damit sich die nachfolgenden Sendungen nicht verschieben. Wie, wir sind hier nicht im Fernsehen? Kommen Sie mir nicht mit so Nebensächlichkeiten!



   Es liegt mir fern, die Arbeit der Schwedischen Akademie der Wissenschaften in Stockholm und die der Forscherelite zu kritisieren - und doch darf man sich wundern, wieso die grössten Grundlagenforscher des Planeten eine zentrale Frage dieser Tage nicht zu interessieren scheint: "Wo wohnt eigentlich Karl Lauterbach?" In einem Schwarzen Loch eher nicht.

   Der Gesundheitsexperte der SPD ist wandlungsfähiger als ein HI-Virus. Mit Beginn der Corona-Pandemie hat er seine Fliege abgelegt. Nicht weil er an hypochondrischer Atemnot leidet, sondern weil er als Dauertalkgast im deutschen Fernsehen auch von jungen Menschen akzeptiert werden will - und diese nicht auf Herren mit Fliegen stehen. Ein cleverer Schachzug des Medizinmanns, sieht man davon ab, dass sich junge Leute nicht fürs Fernsehen interessieren.

   In meinem Alter sieht man schon noch fern, wenn auch nicht unbedingt Talksendungen zu nachtschlafender Zeit. Doch reinschaue ich immer. Und wenn ich Lauterbach sehe, entspanne ich mich und schalte um. Für mich ist der Mann aus dem Rheinland ein Beruhigungsmittel ohne Nebenwirkungen. Wobei ich eine gewisse Abhängigkeit nicht leugnen kann. An zwei Sonntagen bei "Anne Will" reingezappt, aber kein Lauterbach weit und breit, obwohl es um Corona-Karls Lieblingsthema geht - da wird man schon mal nervös. Auch ein Tagesausflug ins schöne Lautertal, wo ein Bach seinen Ansprüchen nicht gerecht wird und mehr leise als laut dahinplätschert, bringt nicht die erhoffte Wirkung. Mein Puls beruhigt sich erst wieder, als ich am Mittwoch auf Facebook lese "Juchhu! Heute wieder Maischberger bei Lauterbach."



   Lauterbach lebt und, um auf meine Eingangsfrage zurückzukommen, er logiert wohl in irgendwelchen öffentlich-rechtlichen Katakomben. Höchstwahrscheinlich in einer WG mit Wolfgang Kubicki. Ich meine, so oft wie auch der in Talksendungen herumhockt, kann er sich den Heimweg sparen. Denn was ihn dort erwartet, wissen wir, seit der eloquente Freidemokrat dereinst nach zäh sich dahinziehenden Jamaika-Sondierungen im "ARD-Morgenmagazin" verkündete, seine Frau müsse nach Berlin kommen, um ihm frische Hemden zu bringen. Annette Marberth-Kubicki, eine angesehene Strafverteidigerin, liess aus dem fernen Kiel kühl über den Berliner "Tagesspiegel" verlauten, sie sei sich sicher, dass ihr Mann "das Problem auch ohne mich lösen wird". Da tut es sicher gut, wenn man einen TV-Kumpel zum Anlehnen hat.

   Solange sich Lauterbach im Fernsehen um die Volkskrankheiten sorgt, kann ich mir Arztbesuche sparen. Und wenn er die geheilt hat, kümmert er sich bestimmt um die marode SPD.
 

 

Zurück