Dinge der Woche: Nur widerwillig hat
unser Autor anfangs seinen Mundschutz getragen. Inzwischen fühlt
er sich ohne nackt und fürchtet das Ende der Corona-Krise.
Auf
dem Weg vom Bäcker zum Supermarkt fing es an. Das sind nur ein
paar Minuten. Warum also den Mundschutz abnehmen, dachte ich
bei mir, man ist ja eh mit Backwerk beladen und hat keine Hand
frei. Dann habe ich mich irgendwann dabei erwischt, wie ich
die Maske auf dem Heimweg vom Supermarkt noch trug. Tage später,
ich wusch gerade im Bad meinen Rasierpinsel aus, fiel mir auf,
dass ich mich, ohne de Mundschutz abzunehmen, rasiert hatte.

Ich
war nicht von Anfang an mit Feuer und Flamme für den von manchen
als Maulkorb verunglimpften Stofflappen. Gerade als Schwabe
fühlt man sich oft unverstanden, zumal man mit einem Dialekt
aufgewachsen ist, der einen zum Verschlucken von Lauten geradezu
erzieht. Nach nächtelangen Diskussionen mit mir selbst kam ich
allerdings zu dem Schluss, dass nicht alles, was ich von mir
gebe, unbedingt verstanden werden muss. Ausserdem sollte man
nichts unversucht lassen, wenn es ums Überleben der Menschheit
geht.
Aus diesen Gründen bin ich inzwischen
überzeugter Mundlappenträger, betrachte ihn gar als Bereicherung
meines Daseins. Eigentlich weiss ich gar nicht mehr, wie es
ohne war. Wenn mich etwa die Dame an meiner Seite des Morgens
darauf hinweist, dass ich in der Nacht einen ganzen Wald abgeholzt
hätte, zeige ich nur auf das Stück Stoff vor meinem Gesicht.
Das Argument, ich hätte auch früher geschnarrt und das Gesäge
hänge ursächlich eher mit meinem Alkoholkonsum zusammen, überhöre
ich. Mich versteht ja auch nicht jeder.
Mittwoch
war ich beim Zahnarzt. Ich hatte mit wahnsinnig gefreut auf
diesen Besuch. Endlich konnte ich meiner professionellen Zahnreinigungskraft
auf Augenhöhe begegnen. Okay, eine Schutzbrille trug ich nicht,
aber meinen Mundschutz. Ich war richtig enttäuscht, als sie
mich bat, das Stück Stoff abzunehmen. Apropos Stoff. Meiner
stammt vom Edelhemdenhersteller van Laack. Fünf Teile für knapp
zehn Euro. Aber das bleibt bitte schön unter uns.

Es
ist keine Übertreibung, wenn ich sage, dass zwischen mich und
meinem Mundschutz kein Blatt Papier passt. Deshalb plädiere
ich auch dafür, das Bild in meinem Profil dahingehend zu ändern.
Kein Mensch würde mich erkennen, liefe ich ihm auf der Strasse
über den Weg.
Seit ein paar Tagen haben
wir Probleme mit einem Fuchs, womöglich sind es gar mehrere.
Die Viecher kacken hemmungslos im Garten herum, neulich lag
sogar ein Haufen direkt vor der Verandatür. Ich bat einen Kollegen,
der unlängst den Jagdschein gemacht hatte, ob er mir wenigstens
seine Knarre leihen könnte. Er lehnte ab. Zum einen, sagte er,
dürfe selbst er als Jäger nicht in Wohngebieten herumballern.
Und ich ohne Waffenschein schon gar nicht.
Das
sind so Momente, da sehne ich mich nach Amerika. Ihnen kann
ich es ja im Vertrauen sagen: Für mich ist die Sache mit dem
Füchsen noch nicht gegessen. Aber ich bin ja nicht blöd. Nur
mal angenommen, ich würde verbotenerweise zur Waffe greifen,
selbstverständlich tät ich mich tarnen und vorher den Mundschutz
abnehmen.
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