Dinge der Woche: D'Natur hot's braucht, hört
man hier zulande, wenn es regnet. Blöd nur, wenn die Bewässerung
ausgerechnet im Urlaub einsetzt und nimmer endet.
Als
ich ein paar Urlaubstage im Allgäu verbrachte, musste ich an
die irische Folk-Punk-Band The Pogues denken. Es war wohl in
den 80er Jahren, als ich die Gruppe in einer Mehrzweckhalle
sah. Es kann in Böblingen gewesen sein oder auch in Sindelfingen.
Auf jeden Fall war was mit "-ingen" im Spiel, da bin
ich mir sicher.

Zwar
bin ich kein Fachmann für irischen Folk-Punk, erinnere mich
aber noch genau daran, dass es laut und lustig war und der trinkfreudige
Frontmann Shane MacGowan pflichtgemäss über die Bühne torkelte.
Ausserdem spie der Sänger so oft aufs Bühnenparkett, dass jedem
Fussballprofi vor Neid die Spucke weggeblieben wäre. An jenem
Abend habe ich begriffen, warum man Irland als Grüne Insel bezeichnet.
Auch
das Allgäu ist verdammt grün, obwohl die irische Folk-Punk-Szene
in diesem Landstrich kaum verwurzelt ist. Während ich mir am
ersten Abend noch bei einem Glas Rotwein mit Kuhstallaroma im
Abgang über das saftige Grün um mich herum so meine Gedanken
machte, kam am nächsten Morgen die Erleuchtung, die mit jedem
weiteren Ferientag bekräftigt wurde: Die prächtigen Farben der
Wiesen könnten mit dem Niederschlag hier zu tun haben.
Aber
gut, d'Natur hot's braucht, pflegt man im Schwäbischen zu sagen.
Und bevor man mit seinen Mitreisenden einen Streit vom Zaun
bricht, warum von den Deppen keiner daran gedacht hat, eine
Anti-Regenversicherung abzuschliessen, setzt man sich lieber
aufs Fahrrad. Urlaub soll ja auch bilden.
Und
das tut er. Wenn man im Schnürlregen übers Land strampelt, wird
einem klar, dass im Allgäu nicht der Folk-Punk, sondern die
Milchwirtschaft den Ton angibt. Jedes Muh von der Weide erinnert
einen daran, und als netzaffiner Städter wundert man sich, dass
es im World Wide Web noch keinen MuhTube-Kanal gibt. Ich mag
es, mit Rindviechern die Blicke zu tauschen, auch weil sie im
Unterschied zu Hunden und Katzen nicht so schnell beigeben und
ewig weiterglotzen. Die Viecher haben mehr in der Birne als
wir ahnen. Nicht umsonst bemisst man das intellektuelle Leistungsvermögen
nach dem i-Kuh.

Doch
der Urlauber lebt nicht nur von der Milchproduzentenbeschauung
allein. Manchmal zieht es ihn auch ins Wirtshaus, beispielsweise
in den in Leutkirch beheimateten Brauereigasthof Mohren. Da
musst du einfach hin, dachte ich mir, bevor irgendwelche grossstädtischen
Vordenker davon Wind bekommen unnd das Lokal unter Rassimusverdacht
stellen und niederbrennen. Dann nutzt auch der Hinweis auf die
regionale und klimaneutral befeuerte Küche nichts oder der Einwurf
des Gasts, dass er bei Mohren nicht an Menschen mit schwarzer
Hautfarbe denke, sondern an Märchengestalten. Wenn unsere Gerechtigkeitsfanatiker
erst mal Morgenluft geschnuppert haben, dann lassen die kein
gutes Haar mehr am Mohren.
Lassen Sie
mich meinen kleinen Erlebnisaufsatz mit dem Hinweis schliessen,
dass auch der Besuch auf Schloss Zeil lohnt. Der Rasen erstrahlt
auch bei Regen in feinstem Grün. Und es geht das Gerücht um,
dass für den Schnitt des Fürsten Mähdressen zuständig seien.
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