Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (28. Juni 2020)
 
Meine schönsten Ferienerlebnisse
 

Dinge der Woche: D'Natur hot's braucht, hört man hier zulande, wenn es regnet. Blöd nur, wenn die Bewässerung ausgerechnet im Urlaub einsetzt und nimmer endet.

   Als ich ein paar Urlaubstage im Allgäu verbrachte, musste ich an die irische Folk-Punk-Band The Pogues denken. Es war wohl in den 80er Jahren, als ich die Gruppe in einer Mehrzweckhalle sah. Es kann in Böblingen gewesen sein oder auch in Sindelfingen. Auf jeden Fall war was mit "-ingen" im Spiel, da bin ich mir sicher.



   Zwar bin ich kein Fachmann für irischen Folk-Punk, erinnere mich aber noch genau daran, dass es laut und lustig war und der trinkfreudige Frontmann Shane MacGowan pflichtgemäss über die Bühne torkelte. Ausserdem spie der Sänger so oft aufs Bühnenparkett, dass jedem Fussballprofi vor Neid die Spucke weggeblieben wäre. An jenem Abend habe ich begriffen, warum man Irland als Grüne Insel bezeichnet.

   Auch das Allgäu ist verdammt grün, obwohl die irische Folk-Punk-Szene in diesem Landstrich kaum verwurzelt ist. Während ich mir am ersten Abend noch bei einem Glas Rotwein mit Kuhstallaroma im Abgang über das saftige Grün um mich herum so meine Gedanken machte, kam am nächsten Morgen die Erleuchtung, die mit jedem weiteren Ferientag bekräftigt wurde: Die prächtigen Farben der Wiesen könnten mit dem Niederschlag hier zu tun haben.

   Aber gut, d'Natur hot's braucht, pflegt man im Schwäbischen zu sagen. Und bevor man mit seinen Mitreisenden einen Streit vom Zaun bricht, warum von den Deppen keiner daran gedacht hat, eine Anti-Regenversicherung abzuschliessen, setzt man sich lieber aufs Fahrrad. Urlaub soll ja auch bilden.

   Und das tut er. Wenn man im Schnürlregen übers Land strampelt, wird einem klar, dass im Allgäu nicht der Folk-Punk, sondern die Milchwirtschaft den Ton angibt. Jedes Muh von der Weide erinnert einen daran, und als netzaffiner Städter wundert man sich, dass es im World Wide Web noch keinen MuhTube-Kanal gibt. Ich mag es, mit Rindviechern die Blicke zu tauschen, auch weil sie im Unterschied zu Hunden und Katzen nicht so schnell beigeben und ewig weiterglotzen. Die Viecher haben mehr in der Birne als wir ahnen. Nicht umsonst bemisst man das intellektuelle Leistungsvermögen nach dem i-Kuh.



   Doch der Urlauber lebt nicht nur von der Milchproduzentenbeschauung allein. Manchmal zieht es ihn auch ins Wirtshaus, beispielsweise in den in Leutkirch beheimateten Brauereigasthof Mohren. Da musst du einfach hin, dachte ich mir, bevor irgendwelche grossstädtischen Vordenker davon Wind bekommen unnd das Lokal unter Rassimusverdacht stellen und niederbrennen. Dann nutzt auch der Hinweis auf die regionale und klimaneutral befeuerte Küche nichts oder der Einwurf des Gasts, dass er bei Mohren nicht an Menschen mit schwarzer Hautfarbe denke, sondern an Märchengestalten. Wenn unsere Gerechtigkeitsfanatiker erst mal Morgenluft geschnuppert haben, dann lassen die kein gutes Haar mehr am Mohren.

   Lassen Sie mich meinen kleinen Erlebnisaufsatz mit dem Hinweis schliessen, dass auch der Besuch auf Schloss Zeil lohnt. Der Rasen erstrahlt auch bei Regen in feinstem Grün. Und es geht das Gerücht um, dass für den Schnitt des Fürsten Mähdressen zuständig seien.
 

 

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