Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (26. April 2020)
 
Ein Hoch auf den Hupraum!
 

Dinge der Woche: Sie wollen nichts mehr über das leidige C-Thema hören? Da trifft es sich gut, dass unser Autor nichts darüber schreiben will. Wie ihm das misslingt, erfahren Sie hier.

   Meine Mutter hat an diesem Samstag Geburtstag. Keine Sorge, Sie müssen sich das nicht merken. Es wird im Folgenden keine grosse Rolle spielen. Und ich frage hinterher auch nicht ab. Sie können ganz entspannt bleiben. Im Grunde schreibe ich das nur für mich auf, um dem Vorwurf zu entgehen, dass ich ihn vergessen hätte, den Geburtstag meiner MUtter. Könnte ja passieren in Zeiten, wo man gehalten ist, von älteren Familienmitgliedern, mit denen man nicht mehr unter einem Dach wohnt, Abstand zu halten.



   Abstand ist ein gutes Stichwort. Bei Abstand bist du sofort bei dem Thema, um das derzeit niemand mehr herumkommt. Leider. Ich habe es versucht, ehrlich, weil mir das C-Thema selbst zum seit Tagen leicht trockenen Hals heraushängt. Aber nach 25 Anläufen zu dieser Kolumne gebe ich es auf. Ich schaffe es einfach nicht - und bringe also meine Verwunderung darüber zum Ausdruck, dass bei all den Verschwörungstheorien zum Entstehen des Coronavirus noch kein Mensch die Autoindustrie ins Spiel gebracht hat. Vielleicht liegt es ja daran, dass unsere Zeitgeistdenker die Branche längst abgeschrieben haben. Die jungen fahren eh nur noch auf Smartphones ab. Folglich ist das Auto ein Auslaufmodell.

   Für Leute meiner Generation war das Automobil immer schon ein Auslaufmodell. Ich hatte im Lauf der Jahrzehnte alle möglichen Kisten. Aber ganz gleich, ob sie am Kühler einen Blitz oder auf der Haube einen Stern trugen, nach hunderttausend Kilometern gehörten sie zur Kategorie Auslaufmodell. Die Flecken auf dem Garagenboden berichten davon.

   Neulich habe ich im Fernsehen den Bericht über einen Gottesdienst in einem amerikanischen Autokino gesehen. Der Prediger stand auf einer Art Hebebühne, die Gemeinde hockte in ihren Autos. Man mag sich darüber streiten, ob man eine Messe mit einem Hupkonzert beenden muss. danach sprang der eine oder andere Wagen vielleicht nicht mehr an und der Fahrer musste orgeln. Den lieben Gott scheint es nicht gestört zu haben, zumindestens meldete er sich nicht mit Blitz und Donner zu Wort.



   Zwei Tage später erhielt ich von meinen irdischen Nachfahren per Whatsapp eine Nachricht aus einem Autokino. Ich wusste garnicht, dass diese Einrichtung noch existiert, die ich früher gern besuchte, weil man sich von einer nahen Anhöhe aus mittels Feldstecher gratis filmische Leckerbissen wie "Unterm Röckchen stösst das Böckchen" und andere aufklärerische Werke reinpfeifen konnte.

   Das Autokino scheint in diesen Tagen nicht nur wieder aufzuleben, es bietet auch die Blaupause für ganz andere Events. In meiner schönen Stadt hirnen findige Veranstalter darüber nach, ob man im Sommer nicht auch Konzerte oder Filmfestivals über die Bühne gehen lassen könnte, wenn das werte Publikum im Kraftfahrzeug anreist und dort auch hocken bleibt. Selbst ein Grünen-Stadtrat hält "Autokonzerte für eine kreative Übergangslösung". Es versteht sich von selbst, dass Lastenräder keinen Zutritt oder besser Zufahrt hätten.

   Erlauben Sie mir bitte, die verbleibenen Zeilen für einen persönlichen Gruss zu nutzen: Mama, alles Gute zum Geburtstag! Ich werde gegen später vorbeifahren - und hupen. Sicher ist sicher.
 

 

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