Dinge der Woche: Die Deutschen wachsen über
sich hinaus. Während in den Bastelkellern die 3-D-Drucker glühen,
ist unser politisches Personal so schön wie nie.
Eleganz
und Tatkraft haben sich noch nie zuvor so vortrefflich vermählt
wie im politischen Berlin während der Corona-Krise. Als Meister
der Krise gilt der Verkehrsminister. Er hat mangels Verkehr
nichts mehr zu tun, setzt sich aber glamourös in Szene. Ein
spöttischer Mund, die modische Brille, alles übergossen von
einem über Stirn, Wangen und Schultern fliessenden Haar-Katarakt,
dem das Verbot aller Friseur-Dienstleistungen nichts anhaben
kann. Zu Recht wies er darauf hin, dass mit einer Autobahnmaut
das Corona-Virus niemals so schnell in unser Land gekommen wäre.
Oder wenigstens ordentlich dafür bezahlt hätte.

Allmorgendlich
fräst sich knisternd ein Kamm aus Elfenbein durchs ministerale
Haar (ein Geschenk des Ministers für Infrastruktur aus dem Senegal
für "Dear Andy"). Es übertönt für einen Moment das
Flattern der rot-weissen Bänder, die jede Parkbank in eine Zone
absolutem Schnäuzverbot verwandeln, gegen das zu verstossen
mit dem Entzug der Lebensmittelkarten bestraft wird.
Die
Politik agiert in der Krise also stilistisch brillant und spart
nicht mit Hinweisen, wie man der Langeweile in der privaten
Kasinierung ein Schnäppchen schlägt. Die Kanzlerin rät dazu,
einfach mal drei Stunden auf den Blumentopf zu schauen, die
Agrarministerin bevorzugt eine leichte Rieslingwanderung und
ein Selfie mit Kirschblüte. AfD-Politiker empfehlen, die alten
Generalstabskarten des Ostfeldzugs zu studieren und aus damaligen
Fehlern zu lernen.
Doch das Volk hilft
sich längst selbst. In ihrem Kellerreich, das von keiner Ordnungspolizei
erreicht wird, produzieren Heimwerker Drahtgestelle für Schutzmasken
aus dem 3-D-Drucker. Vorlage ist der Kinofilm "Das Schweigen
der Lämmer", in dem eine bissfeste Gesichtsarmierung die
Hauptrolle spielt. Sie blockiert Viren bis zur Grösse einer
Kartoffel.
Darüber hinaus erlebt das
sogenannte Heimbüro eine nie erwartete Blüte. Der Deutsche,
an präzisen Vorgaben für seinen Arbeitsalltag gewöhnt, Erfinder
der Stechuhr, Meister des minutengenauen Verzehren einer Pausenstulle,
schlurft vom Wohnzimmer zum Laptop, auf dem Schoss ein Mittagessen,
kratzt sich an unstatthafter Stelle, putzt seine Zähne vor dem
Bildschirm, grunzt, flucht und schluckt und vergisst über alldem,
sein Mikrofon auszuschalten.

Übertönt
wurde diese Symphonie der Privatheit von dumpfen Geräuschen
aus dem Wirtschaftsministerium in Berlin, die auch Optimisten
an die letzten Tage der Menschheit denken liessen. Die Erleichterung
war gross, als die Herkunft dieser urwaldhaften Kakophonie bekannt
wurde. Der Hausherr gab zu, neuerdings mit Hanteln zu trainieren,
die seit Jahren unbenutzt bei ihm herumgelegen hätten, weil
man sie nicht essen kann. Jetzt bleibe ihm endlich dafür Zeit.
Sollte der Ausnahmezustand andauern, rechnen Sportphysiologen
bei dem Minister mit einem Muskelberg von der Grösse des Hochsauertals.
Virologen
plädieren dafür, erste Bilder davon in zwei Wochen zu veröffentlichen,
um unter den in Deutschland grassierenden Viren Panik und Verunsicherung
zu stiften. Wenn das gelingt, wären wir aus dem Gröbsten raus.
|