Dinge der Woche: Und wieder sind schöne Worte
an unserem Autor vorbei geschwommen - aber auch welche, die
sich wie ein Virus verbreiten und die man besser nicht anfassen
sollte.
Dieser Text sollte eigentlich
virenfrei werden, aber dann ist ein Kreuzfahrtschiff der Aida-Flotte
an einem norwegischen Küstenort gestrandet. Ein Pärchen an Bord
steht unter Corona-Verdacht, die zweiwöchige Kreuzfahrt könnte
sich nach einem Tag auf See zu einem Albtraum entwickeln. Das
würde an Bord dann vielleicht Aggressionen gegen das Pärchen
schüren, wir wollen es nicht beschreien, aber der Küstenort,
vor dem das Schiff festsitzt, heisst Haugesund.

Darf
man noch lachen in der Corona-Krise? Ins Fäustchen lachen vielleicht
wegen der Ansteckungsgefahr. Jedenfalls denkt man bei Haugesund
gleich an Schlagmichtot. Schlagmichtot ist das Gegenteil von
Haugesund - ein Ort in einer Gegend, wo sie alle Fjord Focus
fahren.
Schlagmichtot sagt man bekanntlich,
wen einem ein Name nicht einfällt oder eine Jahreszahl oder
ein gescheiter Text. In manchen Gegenden Deutschlands sagt man
auch Schiessmichtot, aber das ist wegen der vielen Gewalt auf
der Welt nicht mehr politisch korrekt. Der Deutsche wird ja
immer sensibler und friedfertiger, sodass es irgendwann vermutlich
Streichelmichtot heissen wird.
Warum
auch nicht, die Sprache lebt! Diese Woche erreichte uns ein
Schreiben einer 87-jährigen Leserin, die unser Herz gleich damit
eroberte, dass sie ihr Alter mit folgenden Worten einordnete:
"Ich sage immer, ich gehöre noch zu der Generation, die
noch eigene Erinnerungen an Hitler hat." Nein, es wird
jetzt nicht politisch, die Antifa kann ihren Mundschutz wieder
abnehmen. Wir fanden eine solche Aussage allerdings erfrischend
in Zeiten, in denen sich ständig Menschen zu Wort melden, die
keine eigene Erinnerungen an Hitler haben. Vielleicht wird es
ja AfD-Rechtsaussen Björn Höcke deshalb von diesen Leuten zum
neuen Hitler gemacht, wobei wir zugeben müssen, allein schon
optisch macht es Höcke den Linksgerichteten leicht.
Nein,
jetzt keine Politik mehr, der Leserin ging es nicht um Hitler
oder Höcke, sie fährt auch nicht im Hühnerstall Motorrad, ist
also keine alte Umweltsau. Leute, packt mal eure Vorurteile
ein!

Diese
ältere Dame erfreut sich einfach ebenfalls an netten Worten,
die vorbeischwimmen, wenn man so am Fluss des Lebens sitzt.
Oder sie ärgert sich darüber. Konkretes Anliegen ist eine Klage
über den Begriff "nichtsdestotrotz", der ihrer Darstellung
eine Veralberung des Begriffes "trotzdem" darstellt
und etwas wichtigtuerisch klingt. Diesen Begriff höre sie inzwischen
immer und überall, auch von gebildeten Leuten und das mache
sie "etwas fassungslos".
Nun
sind wir hier keine Sprachforscher, aber wer hat heutzutage
schon noch echte Bildung! Googeln hilft auch schon weiter. 144
000 Treffer für "nichtsdestotrotz" bei Google-News
- ist das jetzt viel oder wenig? Und dann noch der Hinweis,
dass es sich bei dem Begriff um eine "scherzhafte Mischbildung
aus nichtsdestoweniger und trotzdem" handelt, aber das
ahnte unsere geschätzte Leserin schon. "Wir haben manchmal
mit der Sprache herumgespielt", erinnert sie sich. Ja,
und das kommt dann eben dabei heraus - oder halt der Name "Haugesund".
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