Dinge der Woche Leute, die sich früher für
Kommunismus interessiert haben, könnten sich auch für diesen
Artikel interessieren. Und Leute, die gegen ein Tempolimit auf
Autobahnen sind.

Früher
war ich Kommunist. Also das, was man in jungen fahren halt so
unter Kommunist versteht. Ich trug lange Haare und duschte selten.
Dass ich mich von der reinen Lehre verabschiedet habe, lag an
einem gewissen Herrn Marx. Bei einer Studienfahrt nach Prag
kaufte ich in einer DDR-Buchhandlung sämtliche drei „Kapital“-Bände,
bin über die erste Seite allerdings nie hinausgekommen. Bereits
nach den ersten Sätzen war mir klar, dass Marx mich nicht gemeint
haben konnte. Sonst hätte er seine „Kritik der politischen Ökonomie“
in einfacher Sprache verfasst. Oder als Comic.
Ich
glaube, wenn man jung ist, ist man anfällig für Männer mit Rauschebart.
Vielleicht ist das der Grund, warum Vollbärte wieder in Mode
kamen. Weil es keine alten Bärte mehr gab, ließen die jungen
sich welche stehen und nahmen sich selbst zum Vorbild. Passt
in eine Zeit, in der sich alle elf Minuten ein Single über Parship
in sich selbst verliebt.
Keine Ahnung,
von wem ich den geklaut habe. Sie finden, der Witz hat einen
Bart? Okay, was ich eigentlich sagen will, ist dies: Das politische
Bewusstsein, für das man in jungen Jahren einsteht, hat selten
mit Politik zu tun. Zumindest in meinem Fall war das so - und
ich fürchte, daran hat sich auch wenig geändert. Hätte ich etwa
früher schnallt, dass sich in der Jungen Union attraktive Frauen
rumtreiben, wäre meine Sozialisation anders verlaufen. Aber
die Jungunionisten bei mir an der Schule waren Bleichgesichter
mit Pickeln.
Jetzt wäre es eigentlich
an der Zeit, aus dramaturgischen Gründen ein paar nette Worte
an die FDP zu richten. Aber nach dieser Woche fällt das nicht
leicht. So wenig, wie es FDP-Chef Lindner leichtgefallen ist,
einem der Seinen zum Ministerpräsidentenposten zu gratulieren.
Ist ja auch schwierig, da geht einer mit dem Wahlkampfspruch
„Endlich eine Glatze, die in Geschichte aufgepasst hat“ ins
Rennen. Und dann wird er von denen gewählt, die in Geschichte
gepennt haben. Vergessen Sie’s. Ist bereits Geschichte.
Als
Wechselwähler wirst du zunehmend verwirrt in diesem Land. Die
einzige politische Konstante, auf die ich mich in all den Jahren
verlassen konnte, war der ADAC. Aber auch der verunsichert mich
zusehends, musste ich doch kürzlich lesen, dass der Verein über
ein Tempolimit auf Autobahnen nachdenke. Verstehen Sie mich
bitte nicht falsch. Ich bin kein Raser, das lässt schon mein
Fuhrpark nicht zu, bin ich doch im Besitz eines Smart und eines
höchst betagten Volkswagens. Hatte der VW ein paar Jahre mehr
auf dem Buckel, würde er als Kraft-durch-Freude-Wagen durchgehen.

Mit
so Mühlen geht man behutsam auf die Strecke, da ist man dem
Standstreifen näher als der Überholspur. Auch gehöre ich zu
jenem Menschenschlag, der nach jedem Frankreichurlaub über das
entspannte Fahren auf der Autoroute schwärmt. Gleichwohl fände
ich es schön, wenn man in diesem Land weiter in der Hoffnung
leben dürfte, irgendwann mal ein bissle die Sau rauslassen zu
können. Im Gegenzug trenne ich weiter meinen Müll, fahre tapfer
Bahn und finde Fridays-for-Future-Demos cool.
Schnellfahren
fällt bei mir unter die Kategorie Opium fürs fahrende Volk.
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