Dinge der Woche: Kreschmanns umstrittene Einlassung
zur Rechtschreibung erinnert unseren Autor an eigene Fehler
und daran, dass er sich eigentlich eine Kapsel Schlaf gönnen
wollte.
Die zurückliegende Woche begann
mit einer Geschichte der Nachrichtenagentur dpa über einen Menschen,
der in Hannover ein fensterloses Hotel betreibt. Die Zimmer
in diesem Hotel sind alle sehr klein, so klein wie eine Box,
weshalb es auch Boxhotel genannt wird. Sollte sich die Wohnungsnot
hierzulande weiter zu spitzen, könnte es bald feste Mieter für
solche Boxen geben, die im Fachjargon auch Schlafkapseln heissen.

Allerdings
stehen dem Ganzen noch Bedenken vonseiten der Behörden entgegen,
die dem Hotelbesitzer zur Auflage gemacht haben, seine Gäste
nach spätestens drei Nächten wieder an die frische Luft zu setzen,
andernfalls bestehe Gesundheitsgefahr. Gegen diese Auflage kämpft
der Hotelier an.
Das erinnert mich
an einen Hotelaufenthalt in Ho-Chi-Minh-Stadt, der grössten
Stadt Vietnams, früher unter dem Namen Saigon bekannt. Der Hotelier
dort gab meiner Frau und mir zunächst das schönste Zimmer -
das einzigste mit Balkon. Tage später teilte er uns mit, dass
er uns leider in ein kleineres Zimmer umquartieren müsste -
und später in ein noch kleineres, das nicht einmal mehr ein
Fenster hatte. Da wir eh kurz vor der Abreise standen, liessen
wir es geschehen - mit uns kann man es ja machen. Ein bisschen
aber trauerten wir schon dem schönen Zimmer mit Balkon nach,
das aber - bei uns fällt der Groschen manchmal spät - offenkundig
einzig und allein dazu da war, neue Gäste anzulocken.
In
Wohngemeinschaften, so habe ich von Bekannten gehört, läuft
es anders herum. Neue Gäste kriegen erst mal das kleinste Zimmer.
Zieht einer aus, gibt es je nach Zimmergrösse ein fröhliches
Wechseln. Wenn man also nur lange genug in so einer WG wohnt,
schafft man es irgendwann ins grösste Zimmer. Das ist wie bei
den Dienstalterstufen.
Winfried Kretschmann
ist mit seinen 71 Jahren schon auf einer hohen Dienstalterstufe
und hat als Ministerpräsident von Baden-Württemberg sowieso
Anspruch auf das grösste Zimmer. Auch er hat kürzlich mit der
Nachrichtenagentur dpa geredet - ein Gespäch, das auch noch
in dieser Woche Nachhall fand, weil Kretschmann sich darin angeblich
despektierlich über die Rechtschreibung geäussert haben soll.
Sinngemäss sagte er, dass es in der Bildungspolitik wichtigere
Themen gäbe, was vor allem jene aufregte, die es mit allem ziemlich
genau nehmen, zunindestens in der Theorie. Das Staatsministerium
versuchte zu retten, was zu retten war und schickte auf Twitter
einen Tweet hinterher, dass Kretschmann an vielen Stellen leider
missverständlich und gekürzt "widergegeben" worden
sei.

Dieser
Rechtschreibfehler, der wenig später korrigiert wurde, erinnerte
mich wiederum an einen meiner eigenen grössten Fehler. Ich formulierte
vor vielen Jahren mit der Überschrift "Wider dem Vergessen"
- eine besondere Art des schwäbischen Dativs, ziemlich falsch,
ziemlich peinlich. Zu meiner Verteidigung kann ich nur sagen,
dass es ein Sonntag war. Ich hatte Dienst, war frisch verliebt,
also etwas übernächtigt und hätte es damals schon Boxhotels
gegeben, hätte ich mir womöglich vorher noch schnell eine Kapsel
voll Schlaf gegönnt, dann wäre das alles nicht passiert.
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