Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (29. Dezember 2019)
 
Boris, der kubische Kanonenschlag
 

Dinge der Woche: Jetzt kracht's wieder. Wenn es gut läuft, schiessen wir das Jahr bereits an Silvester sturmreif. Dabei war 2018 schon ein ordentliches Feuerwerk.



   Hitze, Dunst, Nebel stehen über dem Schlachtfeld. Es riecht nach Angst, hohem Blutdruck und den gefürchteten phosphorgefüllten Christbaumkugeln, die in niedriger Höhe über dem Gabentisch detonieren. Draussen dämmert ein missglückter Wintertag, drinnen lagern erschöpfte Gestalten. Sie haben bereits am Heiligabend alle Gegner in der Spielekonsole niederkartätscht. Das rosa Licht am Horizont wird genährt durch die sanften Monster des Mädchen-Kinderzimmers, die wegen Erstickungsgefahr nicht verschluckt werden dürfen.

   Der weihnachtliche Geschützdonner ist verstummt, die Konten leergerräumt, die Amazon-Kavallerie dezimiert. Deutschland nach der heiligen Schlacht, das ist Stille - nur unterbrochen vom Schmatzen der Gummilippen, die den letzten Glühweinsumpf in den Gully schieben, und dem Knistern der Kassenbons, die zum Umtausch nach dem Fest berechtigen. Zum Ausruhen aber bleibt keine Zeit, denn es wartet die Silvesternacht, wo es um Leben oder Tod, um Freund- oder Feindstaub geht.

   Wo die Deutschen, die ewigen Brandmeister des Kontinents, das neue Jahr krachen lassen, wächst kein verbranntes Gras mehr. Schon das ganze Jahr über hatten Populisten und Hass-Feuerwerker ihre Zündschnüre ausgelegt und zum Glimmen gebracht. Die stinkenden Verpuffungen erreichen aber nur die Stärke zwei auf der Wutskala.

   Im März aber knistert es bedrohlich: Die ersten 5-G-Frequenzen werden verkauft. Die Chinaböller von Huawai kommen nicht zum Zug, weil sie Löcher in den deutschen Datenschutz sprengen. Im Mai erleuchtet das TV-Duell zwischen Manfred Weber und Frans Timmermans das Firmament. Die Farbenpalette des Bayern changiert zwischen Grau, Grau und Grau, sein Gegner entpuppt sich als lächelnder Luftheuler mit Bart und lässt Millionen alter weisser Männer für die Dauer einer Leuchtfontäne wieder an Europa glauben. Lustige Timmermans-Handpuppen, die beim Zünden am Esstisch goldenen Investitionsstaub in die Luft schiessen, sind im Nu ausverkauft.

   Im März beendete der Erfolgsrapper Nursultan "Juju" Nasarbajew nach Streitereien mit lokalen Clans seine Karriere. Sein letztes Album "Pyroland Hass" detoniert mit 100 Schuss. Übrig bleibt ein durchlöcherter Kapuzenpullover, der nach Korruption und Verwesung stinkt.



   Im Juni verliert Theresa May ihre Zulassung als Prêt-à-porter-Libeller mit Sterneneffekt wegen ihrer nicht zu kontrollierender Flugbahn. Wenig später zündet Boris, der kubische Kanonenschlag mit blondem Strohbukett, seine erste Stufe. Die Erschütterungen sind so stark, dass in Brüssel und Berlin Knalltraumata den Politikbetrieb lähmen. Johnson ist zwar laut Hersteller nur 64-schüssig, kann aber kontuierlich nachladen, bis das Unterhaus in Trümmern liegt. Seine politischen Feinde sind zum Jahresende tot oder Taub.

   Hoffnung bereitet am Jahresende nur die erste feinstaubfreie Rakete Greta 1, die ein melancholisches Mädchen-Gesicht ans Firmament zeichnet. Zum Jahresende aber beginnt auch dieses Licht zu flackern. In den Regierungszentralen sind zu dem Zeitpunkt aber die Jalousien längst heruntergelassen.
 

 

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