Dinge der Woche: Ein Mann, der heutzutage
als harter Hund durchgehen will, muss die Hosen runterlassen.
Wir raten zum Gang zur Vorsorgeuntersuchung. Oder zur ambulanten
OP.

Gerade
der Mann tut sich heutzutage schwer damit, was Heldenhaftes
zu vollbringen. Früher konnte er (nicht nur bei Damen) Eindruck
schinden, wenn er einen Mittelklassendiesel ohne Servolenkung
in eine enge Parklücke ramgierte. Heute erledigt das Einparken
ein sogenanntes Fahrerassistentsystem, das mit Frauenstimme
spricht.
Nur mal angenommen, einer
nimmt seinen ganzen Mut zusammen und sagt: "Jetzt mach'
ich was total Verrücktes. Leute: Ich werde SPD-Parteivorsitzender."
Im Grunde ein guter Gedanke. Aber leider nicht realitätstauglich.
Der Kerl hat den zweiten Satz noch nicht einmal ausgesprochen,
so befindet er sich mit einer Handvoll Leidensgenossen auf einer
Bewerbungstour quer durch über 600 Mittel- und Kreisstädte wieder
- mit einer Genossin an seiner Seite.
Um
wahren Heldentum zu beweisen, liebe Männer, bleibt im Grunde
nur noch eines, wir müssen zum Arzt. Wer aus freien Stücken
eine Vorsorgeuntersuchung über sich ergehen lässt, gilt im Freundes-
und Bekanntenkreis bereits als harter Hund. Steigern lässt sich
das Ganze noch durch einen Abstecher zum Urologen. Keine Sorge,
meine Damen und Herren, jetzt wird es nicht unappetitlich. Schliesslich
will ich das Vertrauensverhältnis zu meinem Urologen nicht aufs
Spiel setzen.
Da liegt man also rücklings
auf dem Schragen, spürt im Hüftbereich die fest tastenden Finger
des Fachmanns, blickt in ein sich verdüsterndes Gesicht und
hört den Satz: "Ganz klar, Leistenbruch!" Von jetzt
an, Männer, gilt es Haltung zu bewahren und die Übersicht nicht
zu verlieren.
Mein Urologe riet zur
operativen Behebung des Schadens und erklärte, dass es zwei
Methoden gäbe, eine minimalinvasive und eine herkömmliche mit
Schnitt, der, das kann ich inzwischen bestätigen, nicht ganz
so gross ausfällt wie bei 'Rotkäppchen und der böse Wolf'. Bei
der konserativen Methode, so der Arzt, könne man, obwohl das
absurd klinge, noch am gleichen Tag heim.
Vor
meinem inneren Auge tauchte ein Cowboy auf, der einen Sattel
geschultert und leicht ein Bein nachziehend, in Richtung untergehender
Sonne ging. Nach der OP, sagte der Doc, dürfte ich sechs Wochen
nichts Schweres heben. Okay, dann halt ohne Sattel. Als potentieller
FDP-Wähler entschied ich mich für die konserative Methode, ambulant.

Der
Kurzaufenthalt in der Klinik verlief auf dramatische Weise unspektakulär.
Die stützstrümpfe habe ich mir vor der OP selbst übergestreift.
Vielleicht auch deshalb war das Personal so freundlich, dass
ich mir fast gewünscht hätte, man würde mich nicht gehen lassen.
Erwähnenswert wäre noch eine Loseblattsammlung, die über die
potenziellen Gefahren des Eingriffs aufklärte. Der Schrieb trug
in seiner Brutalität fast alttestamentarische Züge.
Bereits
am Abend verliess ich die Klinik. In Begleitung, weil sie dich
sonst nicht gehen lassen. Trotz Ziehen im Schritt fühlte ich
mich gut und frei. Mein Glück wäre vollkommen gewesen, wenn
mich draussen eine Gruppe Cheerleaderinnen empfangen hätte.
Auch bescheidene Helden wollen gefeiert werden.
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