Mobilität: Die Klimadebatte stellt alle Gewissheiten
auf den Kopf und macht Herren zu Sklaven. Doch es gibt Hoffnung.
Jedenfalls ein bisschen. Vielleicht.

Für
die Digitalisierungs-Gewinner in Slim-Flit-Anzügen, die anthroposophischen
Kita-Mütter und die ganz normalen PS-Fetischisten begann die
Woche anders als sonst. Düstere Wolken zogen auf. Blitze zuckten
aus dem Induktionskochfeld, Kunstdrucke fielen von von der Altbauwand.
Die Betroffenen verliessen fluchtartig ihr Zuhause, schlossen
die Türe leiser, hielten ihren Kinder den Mund zu, verzichteten
auf Smartphone-Sätze wie "Bin gleich im Office" -
"Die Pläne müssen heute noch raus" - "Kaufst
du noch den Staudensellerie bei Maurice?". In ihren Augen
standen Angst, ja Panik.
Noch vor Kurzem
war das anders. Kaum hatten sich die tonnenschweren Türen eines
Cayenne, Q7, F-Pace oder GLE schmatzend geschlossen, war man
ganz bei sich - in einer Heimat, wo die Sonne nie unterging.
Man erweckte den flüsternden Motor zum Leben, liess sich von
Phil Collins den Nacken kraulen und begann die alltägliche Feindfahrt
durch die kabbilge See der Grossstadt mit ihren Billig-Shops,
Drogendealern, Migrations-Kapuzzenpullovern, Mittelklasse-Spiessern
und Kampfradlern. Die Kinder wurden beim Verlassen des Sechszylinder-Mutterschiffs
sanft Richtung Schuleingang geschubst und waren nach wenigen
Metern in Sicherheit.
Sicherheit -
dafür standen die Buchstaben SUV. Niemand weiss bis heute, was
die bedeuten. Es hat irgendwas mit Sport, Gelände, individuellen
Erfolg und einer goldigen Kleinfamilie zu tun, der es an nichts
fehlt. Jetzt aber stehen die drei Buchstaben für entfesselten,
ja obzönen Individualismus, für eine Apotheose vulgärer Technik.
SUV-Fahrer, einst herrische Regenten des Strassenverkehrs, sind
nur noch Ritter der traurigen Gestalt. Sie leiden unter zitternden,
nach unten hängenden Mundwinkeln und Albträumen, in denen sie
von ihren eigenen Autos überrollt oder aufgefressen werden.
Sie verstecken sich bei jeder roten Ampel im Handschuhfach,
während vor dem Auto Klimaschützer und Dieselgegner hämisch
grinsend mit Farbbeuteln spielen. Viele SUV-Besitzer sind mittlerweise
zu verängstigt, dass sie sich dem Ablasshandel der Klimabewegung
unterwerfen, ihre Kinder zu Demonstrationen fahren, bei denen
sie keinen Parkplatz finden, oder ein Lastenfahrrad kaufen.
Abends aber, in der sicheren Garage, spielen sie melancholisch
mit der elektrischen Sitzverstellung und lassen sich von der
freundlichen Therapeutin des Navigationssystems trösten.

Doch
es gibt keinen Trost. Politik, Gesellschaft und Forschung sind
sich einig, dass der SUV-Fahrer unter seinen XXL-Reifen nicht
nur Insekten, sondern alle Werte der Humanität zermalmt. Wenn
er auch nur einmal die Klimaanlage um 0,003 Grad kühler justiert,
verhungern in Afrika hunderttausend Menschen oder fliehen aus
Verzweiflung nach Europa, wo sie sich den Traum vom eigenen
Luxus-Geländewagen erfüllen wollen.
Ein
Funken Hoffnung aber ist in Sicht. Mitte der Woche erreichten
uns Meldungen, ein Hersteller habe einen Autolack in speziellem
Schwarz entwickelt, das vom menschlichen Gehirn nicht verarbeitet
werden kann. Der Betrachter blicke gleichsam in ein schwarzes
Loch. Ein SUV, den man nicht sieht - Experten sehen darin die
Zukunft urbaner Mobilität.
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