Dinge der Woche: Was tun, wenn man gebildet
erscheinen will, sich aber mehr für Fussball interessiert als
für Kultur? Ganz einfach: Man schreibt über den Fussball-Kulturpreis.
Ich
hab diese Woche mal wieder Fussball geschaut und dabei Affenlaute
von mir gegeben. Rassismus kann man das aber beim besten Willen
nicht nennen, denn mir entfährt einfach automatisch ein "Uhuh!",
wenn ein Spieler allein auf den Torhüter zuläuft oder wenn er
- wie am Dienstag der Marco Reus in Dortmund - einen wichtigen
Elfmeter verschiesst.

Vergebene
Grosschancen sind bei uns familienintern besonders dann ein
Problem, wenn sie in der zweiten Halbzeit stattfinden, denn
zu dem Zeitpunkt würde meine Frau gerne in Ruhe etwas lesen.
Auf laute Affenlaute meinerseits schickt sie mir aus dem
Schlafzimmer eine unfreundliche whatsapp auf die Couch. Für
sie ist das Ganze ein weiterer Beweis dafür, wie primitiv dieser
Sport ist.
Nun bin ich in der Tat ein
Banause, habe mich aber erst kürzlich einer Führung durch eine
Kunstausstellung unterzogen. Die - äh - Führerin wirkte kulturell
sehr gebildet und brachte fast jedes Ausstellungsstück, sei
es auch jahrzehntealt, mit dem Flüchtlingsthema in Verbindung.
Bei einem Objekt mit Schuhen entfuhr ihr dann die These, dass
Flüchtlinge ja oft barfuss unterwegs seien. Da merkte ich, das
auch die Kulturszene von billigen Klischees lebt, und war beruhigt.
Trotzdem
steht man, wenn man sich mehr für Fussball als für Kunst interessiert,
ständig unter Rechtfertigungsdruck. Nur gut, dass vergangenen
Dienstag die Meldung über den deutschen Fussball-Kulturpreis
die Runde machte, der am 25. Oktober verliehen werden soll.
Ich wusste bis dahin nichts von so einem Preis. Das kann daran
liegen, dass ich bei Fussballspielen stets die Halbzeitanalyse
schwänze.
Apropo Schwänze: Der Preis
ist für den besten Spruch gedacht. Da es sich aber bei Fussball
um Familienunterhaltung handelt, dürfte es der nominierte Spruch
von Imke Wübbenhorst nicht weit schaffen. Wübbenhorst hatte
Ende 2018 in Cloppenburg als erste Frau den Trainerjob bei einer
männlichen Oberliga-Mannschaft übernommen, was viele Reporter
anlockte. Auf die Frage hin, ob sie eine Sirene auf dem Kopf
tragen werde, damit ihre Spieler noch schnell eine Hose anziehen
könnten, bevor sie in die Kabine komme, antwortete sie: "Ich
bin Profi. Ich stelle nach Schwanzlänge auf."
Grossartig.
Auf dem Platz zog Wübbenhorst mit dieser Taktik allerdings derart
den Kürzeren, dass ihre Mannschaft am Ende in die Landesliga
abstieg.

Flotte
Sprüche garantieren eben keine Erfolge, Vaterfreude aber auch
nicht. Der Wolfsburger Fussballer Renato Steffen brachte folgende
Sätze zur Welt, als er nach seinem ersten Bundesliga-Tor gefragt
wurde, ob die Geburt seines Sohnes seine Leistung beeinflusst
habe: "Das kann schon einen Schub geben. Aber ich kann
ja jetzt nicht jede Woche ein Kind bekommen. Ich muss probieren,
das anders zu kompensieren."
Da
Kultur aber heutzutage politisch korrekt sein muss, dürfte am
Ende folgender Spruch des Bayern-Profis Leon Goretzka das Rennen
machen: "Ich bin ein Kind des Ruhrgebiets. Da antwortet
man auf die Frage der Nationalität mit Schalke, Dortmund oder
Bochum." Ja, das klingt nach Kultur. Ein Flüchtling sollte
den Preis überreichen, am besten barfuss.
|