Dinge der Woche: Wenn man für sein Geld keine
Zinsen kriegt, bekommen Branchen Oberwasser, die ein Schattendasein
führen. Dies sollte man auch bei der Partnersuche beherzigen.
Okay,
ich spiele regelmässig im Lotto. Der Gedanke, den Rest meines
Daseins als Millionär zu verbringen, ist mir nicht unangenehm.
Aber eigentlich habe ich mich nie sonderlich für Gelddinge interessiert.
Milliardär wäre mir zu unübersichtlich. Als Milliardär blinken
in den Augen deines Steuerberaters Dollarzeichen auf. Er überedet
dich ständig, Schriftstücke zu unterzeichnen, von deren Inhalt
du keinen Schimmer hast. Irgendwann findest du dich in einem
Privatjet wieder mit einem Flugziel: Dritte-Welt-Land, das kein
Auslieferungsabkommen mit der Bundesrepublik Deutschland hat.

Ideal
fände ich es, würde sich das Millionenvermögen im unteren zweistelligen
Bereich bewegen. Mir würde das genügen. Nur noch Kolumnen schreiben,
wenn man wirklich etwas auf dem Herzen hat und nicht, weil der
Dienstplan das verlangt, das wäre ein Gewinn. Auch Sie, liebe
Leser, würden davon profitieren.
Ich
jedenfalls käme nie auf den Gedanken, mein bisschen Erspartes
mittels Börsenspekulationen zu vermehren. Die Kohle muss halt
irgendwie langen, damit man über die Runden kommt und sich hin
und wieder einen Schwarzwälderbecher mit einem Schuss Kirschwasser
extra leisten kann.
Wiewohl ich also
jedes Mal Wikipedia bemühen muss, wenn ich meinen Kindern den
Unterschied zwischen Brutto und Netto erklären soll, wage ich
in Wirtschaftsdingen eine Prognose. Der Mann der Zukunft ist
der Tresorfabrikant. Nämliches gilt für Tresorfabrikantin, wobei
die selbstverständlich die Frau der Zukunft ist. Im Grunde liegt
der Fall glasklar. Wenn die Leute keine Zinsen mehr für ihr
Erspartes auf der Bank bekommen, ja sogar Strafzinsen zahlen
sollen, werden sie ihre Kohle abheben und daheim bunkern. Die
Dummen und die Gutgläubigen verstecken die Scheine unter der
Matratze, die Klugen investieren in einen Tresor.
Wie
es üblich in der Wirtschaft ist, wenn eine Branche boomt, zieht
das einen ganzen Rattenschwanz nach sich. Die steigende Zahl
der Tresore wird auch einen Boom in der Schweissbrennerindustrie
auslösen. Und wenn die Innungen behaupten, dass das Handwerk
auch in Krisenzeiten goldenen Boden hat, dann sind damit unausgesprochen
zugleich die Panzerknacker gemeint. Im Grunde folgt die Wirtschaft
einem Naturgesetz, Wenn eine Art verschwindet, nimmt eine andere
ihren Platz ein.

Dieser
Text richtet sich nicht nur an Spekulanten, sondern auch an
Menschen, die auf dem Heiratsmarkt nicht fündig wurden. Verstehen
Sie mich bitte nicht falsch. Ich will niemanden drängen, aber
wenn ich auf Brautschau wäre, ich würde in Zeiten wie in diesen
Tagen keine Tresorfabrikantentochter von der Bettkante stossen.
Geschweige denn eine Erbin eines Schweissbrennerimperiums.
Eines
ist mir bei der ganzen Nullzinspolitik übrigens nach wie vor
ein Rätsel. Wenn ich mein Girokonto überziehe, also den Dispo
in Anspruch nehme, muss ich dafür Zinsen zahlen - und zwar nicht
wenig. Dabei sollte meiner Logik zufolge meine Bank doch froh
sein, dass ich ihr Geld unter die Leute bringe, bevor bei ihr
Strafzinsen anfallen.
|