Für Politiker ist der Urlaub die schlimmste
Zeit des Jahres. Nur Profis wissen mit den Fallstricken der
sommerlichen Arbeitszeit umzugehen. Die anderen dagegen ...
oh Gott!
Das politische Berlin atmet
durch und blinzelt in die Sonne. Hartgesottene Finanzexperten
und Ausschussveteranen ziehen Latzhosen an und bewundern den
Tanz der Hummeln im Regierungsviertel. Altlinke fühlen den Strand
unter dem Pflaster und Abgeordnete der Rechtspartei sehen vor
dem geistigen Auge die Weizenfelder in der Ukraine, die man
damals fast ... vorbei.

Man
ist des ewigen Streits müde. Brexit, Bundeswehr, Diesel und
Gesundheit verschwimmen im flirrenden Licht des Sonne zur Bedeutungslosigkeit.
Es gibt andere Probleme. Der Urlaub - für den Berufspolitiker
eine Zeit des Schreckens - verlangt planerisches Feingefühl.
Man wird zur Freizeit gezwungen, darf aber nicht den Eindruck
eines hemmungslosen Müssiggangs erwecken. Das Volk sucht nach
Fehltritten und Verfehlungen. Eine falsch gemusterte Bermudahose
oder ein zu teurer Rotwein auf dem Tisch verwandelt Beliebtheit
in Hass.
Profis wie der alerte FDP-Chef
kennen diese ungeschriebenen Gesetze. Er hat längst seine 23
Unterhemden zusammengefaltet und auf einer Farbskala festgelegt,
welche Gesichtsbräune er mit nach Hause bringen darf. Die Auswahl
reicht von Cantuccini-Beige bis Luis-Trenker-Braun. Letzteres
scheidet aus, denn der Anschein faulen Brutzelns in der Sonne
ist bei den Liberalen imageschädlich. Angestrebt wird eine beiläufige
Tönung, die auch die Assoziation von Laptop-Arbeit im Halbschatten
zulässt.
Von Braunfärbungen lässt sich
die AfD nicht beeindrucken. Die meisten Entscheidungsträger
haben ihre Wohnwagen bereits zu der üblichen Wagenburg zusammengeschoben
und das Kaffeeservice ausgepackt. Nach nur zwei Protestdiesel-Tankstopps
erreichte man Südtirol oder Kärnten und liess die Reichskriegsflagge
im warmen Wind flattern.
Die Grünen
wollen ihren ökologischen Fussabdruck auf die Grösse einer Zikade
schrumpfen lassen. Der melancholisch-virile Parteichef plant
deshalb eine Tour mit dem Lastenfahrrad durch Deutschland. Freiwillige
dürfen ihn einige Kilometer lang fahren und haben Anspruch auf
einen treuherzigen Augenaufschlag und teilnehmenden Zuhören.
Es liegen bereits zwei Millionen Anmeldungen vor.

Die
neue Verteidigungsministerin dagegen zeigt Flagge und fährt
mit einem Bundeswehr-Wohnmobil vom Typ Ozelot die Saarschleife
entlang. Dort will sie noch einmal alle 35 Ministerien besuchen,
die sie bisher geleitet hat. Spezialisten der Truppe arbeiten
daran, das Saarland mittels Satelliten ausfindig zu machen.
Falls man versehentlich französischen Boden befahre, werde das
Fahrzeug kontrolliert gesprengt, um diplomatische Verwicklungen
zu vermeiden.
Experten bezweifeln angesichts
dieser Pläne, ob Politiker überhaupt Urlaub machen sollten.
Sie seien dem nicht gewachsen, planschen mit den falschen Frauen
in den falschen Pools, versenken dort versehentlich ihr Handy
oder Faxgerät, stolpern beim Wandern und füttern Tiere, die
unter Artenschutz stehen, mit den Resten ihres Früchstücksbüffets.
Kurz, sie benähmen sich wie jeder andere Urlauber auch. Ausserdem
müssten sie sich bis Weihnachten vom Urlaub erholen, was das
Land politisch lähme.
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