Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (09. Juni 2019)
 
Weiterscholzen und weiterdreyern
 

Greta Thunberg schwänzt für ein Jahr die Schule. Umfragetornados fegen übers Land. Und Jürgen Klopp will nicht die SPD trainieren. Es ist wieder einmal alles hoffnungslos.

   Mit der lieben Sozialdemokratie ist es wie mit dem lauen Frühlingstag früherer Zeiten. Alle träumen noch von seinen solidarischen Wohlfühltemperaturen, erinnern sich mit Wehmut an seine herben Duftfäden aus Nelke und Genossenschweiss. Andauernd schwärmt jemand von ihm wie vom guten Klassenkameraden, mit dem man einst die Welt aus den schwarzbraun verschmierten Angeln wuchten wollte.



   Doch in Wahrheit weilt er schon nicht unter den Lebenden oder er ist emigriert, nach Dänemark oder in irgend so ein Dorf in der Eifel. Der Klimawandel hat die Jahreszeiten wie auch die deutsche Parteienlandschaft durcheinander gewirbelt. Auf Winter folgte unmittelbar der Sommer, auf Sturm folgte noch mehr Sturm, nach der Flut ist vor der Dürre. Und Gurkengrün ist das neue Rot.

   Zwischen links und rechts passt kein Hosenanzug eines aus der sozialen Marktwirtschaft aufgestiegenen Arbeiterkindes namens Andrea Nahles mehr. Nun muss jemand anderes den Groko-Gürtel noch enger schnallen und die ohnehin schon hauchdünne Berliner Luft anhalten. Und einfach weiterscholzen und weiterdreyern, bis zur nächsten Schicksalswahl, dem nächsten Hageltornado oder bis der krakeelende Kevin irgendwann einmal endgültig allein im Haus ist. Am liebsten würde man jetzt für ein Jahr die Schule schwänzen oder Nachbars Gelben Sack boxen.

   Gut möglich, dass die so schöne, wenn auch schwesterfeindliche Liedzeile "Brüder, zur Sonne, zur Freiheit" demnächst auf den Parteitagen rückwärts angestimmt wird. Oder auf Dänisch. Vielleicht singt man aber auch was von Phil Collin, der zur Zeit unter dem Titel "Still Not Dead Yet" (Immer noch nicht tot) auf Deutschland-Tour ist und die Massen elektrisiert wie einst Willy Brandt im Revier beim Wahlkampf anno 1975.

   Tempi passati. Die SPD ist der VfB Stuttgart des bundesrepublikanischen Politsports, ein einstmals stolzer Verein auf dem Weg nach unten, abgestiegen in den dunklen Umfragekeller, wo kein Sonnenstrahl jemals hinkommt, niemand den Lichtschalter ertastet. Man mobbt sich gegenseitig in die Zweitklassigkeit. Die Rettung naht nicht. Leider will ja der ehemalige Opel-Fahrer und Pöhler Jürgen Klopp nicht die Genossen trainieren. Und der schöne Robert Habeck hat mittlerweile ein Angebot von Real Madrid als Rasensprenger. Bleibt nur noch Rolf Mützenich. Rolf wer?



   Was tatsächlich bleibt, dass sind Scham, Häme und Philipp Amthors dämliche Grinseshow. Kennen Sie den? Treffen sich zwei alte CDU-Freunde beim Stammtisch. "Wie geht's deinen Kindern", fragt der eine. "Geht so. Die Kleine hat die Schule abgebrochen, nimmt Kokain und ist Pornostar in YouTube. Der Sohnemann sitzt für die SPD im Gemeinderat", sagt der Freund. "Na, Glückwunsch", entgegnet der andere mit einem Augenzwinkern. ""Wenigstens ist aus deiner Tochter etwas anständiges geworden!"

   So ist das neuerdings, Sozialdemokraten rangieren in der Beliebtheitsskala noch weit hinter Mathematiklehrern, Annegret Kramp-Karrenbauer und enttäuschten VfB-Fans. Influencer müsste man halt sein. Oder Pornostar.
 

 

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