Klar, man kann den Frühling bejubeln. Aber
die Verbindung von Fleisch und Mode hat mindestens so viele
Grusel-Aspekte wie ein alter Sience-Fiction-Film.

Diese
Woche liess sich der Kontakt mit dem Frühling nicht mehr vermeiden.
Er war bereits vor Tagen an der portugiesischen Küste angelangt
- Berichten zu Folge in einem chinesischem Container - und hatte
sich dann langsam nach Norden durch vorgearbeitet. Schliesslich
erreichte er Deutschland. Er drang in die Klassenräume der Schulen
ein, wo sein Licht auf defekte Fenstergriffe, Staubfäden aus
der Zeit der ersten Völkerwanderung und schundige Schiefertafeln
fiel, die nie Teil der digitalen Welt sein werden. Er leuchtete
in die häuslichen Kleiderschränke, wo schwarze Pullover ein
strenges Regiment führen, und liess die Zähne der italienischen
Gastronomen aufblitzen wie die Auspuffrohre ihrer Ferraris.
Das
Land zögerte noch, ob es sich der Jahreszeit so einfach hingeben
soll. Der Umgang mit dem Frühling verlangt schliesslich Fingerspitzengefühl
und unbedingte Selbstkontrolle. Bleich und blutarm durch den
langen Winter, sortierten die Bewohner der Metropolen ihre eisgrauen
Gedanken, stolperten durch die Türe und traten auf die erste
Eidechse, die sich aus dem nächsten S21-Tunnel hervorgewagt
hatte.
Ganz wagemutige streiften sich
jenes Kleidungsstück über, das einst als apokalyptische Strafe
eines missgelaunten Modezaren über die Welt gesandt wurde: Die
sogenannte Radlerhose. Ihre kompressiven Fähigkeiten versagten
angesichts puddingweicher Oberschenkel, ihre Nähte versanken
im Depotfett ihrer Besitzer und werden erst im Herbst wieder
wieder auftauchen. Für das Frühjahr haben sogenannte Influencer
dieses Textil zum modischen "must-have" erklärt. Das
hat Folgen. der Anblick eines Mittvierzigers, der nach dem Genuss
einer frühlingshaft glänzenden Schweinshaxe seinen expandierenden
Körper in die Radlerhose drängt, kann bei sensiblen Menschen
Schwindel, Internethass und rechtes Gedankengut auslösen. Wenn
dieselbe Radlerhose noch mit einem kurzärmeligen Hemd kombiniert
wird, ist man mitten in einem alten Alienfilm.

Die
Chinesen hatten von allem keine Ahnung, als sie uns den Frühling
über die See schickten. Ihr Plan war ein anderer: Man will die
Weltherrschaft erreichen, in dem man den Westen mit billig hergestellten
Serotonin, dem so genannten Glückshormon, überflutet. Serotonin
wird im Frühling ausgeschüttet und gehört - das muss hier kurz
erklärt werden - zur Gruppe der Indolamine bzw. Tryptamine.
Was das heisst? Nun ja, jedenfalls vermittelt es ein Gefühl
von Gelassenheit, innerer Ruhe und Zufriedenheit und dämpft
Angst, Aggression und Hungergefühl. Gerüchten zufolge schwitzen
die umstrittenen Huawei-Smartphones literweise Serotonin aus
und machen ihre Benutzer zu willenlosen Werkzeuge der Pekinger
Führung. Die Opfer kaufen chinesische Radlerhosen oder verraten
den Kantinenplan ihrer Firma an die Konkurrenz aus Fernost.
Die Politik ist alarmiert und prüft, ob man den Frühling wieder
einpacken und zurück schicken, mindestens aber samt Container
ins Meer kippen kann. Fischstäbchen allerdings wären wegen dieses
chinesischen Hormoncoctails dann nur auf Rezept erhältlich.
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