Die Welt wird komplizierter,
das bekommen auch die Schreiber von heiter gemeinten Texten
zu spüren. Sie sollten unbedingt auf korrekte Berufsbezeichnungen
achten.
Was haben wir an dieser Stelle schon Pointen
gedroschen auf Teufel komm heraus. Doch das Pointendreschen
entbindet einen nicht von einer gewissen Sorgfaltspflicht. Und
die hatte ich sträflichst vernachlässigt, weil ich in einem
Text über einen Augenarztbesuch von einer "Sprechstundenhilfe"
schrieb.

Den
Begriff "Sprechstundenhilfe" gibt es nicht, schreibt
der Verband medizinischer Fachberufe. Korrekt heisst es Medizinische/r
Fachangestellte/r (MFA). Darauf hin habe ich mir meine Glosse
noch einmal angeschaut und anstelle "Sprechstundenhilfe"
"Medizinische Fachangestellte" eingesetzt. Ich kann
mir nicht helfen, aber das klingt dann blöd - als wollte ich
mich über die Frau lustig machen, was allerdings nicht meine
Absicht war. Das ist in etwa so, wie wenn man in einem Witz,
der in einer Metzgerei spielt, von einer Fleischereifachverkäuferin
spricht.
Auch Arzthelferin hätte im
vorliegenden Fall übrigens nicht weitergeholfen. Der Begriff
wurde im Jahr 2006 gestrichen, offenbar weil der Gesetzgeber
der Meinung war, dass nach einer dreijährigen Ausbildung nicht
nur ein Helfer oder eine Helferin herauskommen kann. Helfende
Menschen standen eigentlich für mich bisher immer hoch im Kurs.
Die
Medizinischen Fachangestellten meiner Hausärztin sehen die Sache
relativ entspannt, finden dann aber doch, dass "der eigenständige
Beruf als verantwortungsvolle Tätigkeit richtig bezeichnet werden
müsste". Eine Zahnmedizinische Fachangestellte meines Zahnarzts
erklärte mir, dass Helferin schon deshalb falsch sei, da sie
ja nicht nur die Handlangerin ihres Chefs sei, sondern auch
eigenständige Arbeit verrichte. Das kann ich bestätigen. Bei
der professionellen Zahnreinigung ist der Chef nie zugegen.
Das machen wir immer unter uns aus. Ich bin dann als Helfer
gefragt, der das Maul aufreisst und dennoch die Klappe hält.
Dass
die Welt aus sprachlicher Sicht immer komplizierter wird, ist
mir auch aufgefallen, als ich von einem Netz las, das auf die
Abkürzung LSBTTIQ hört. L steht für lesbisch, S für schwul,
B für bi, T für transexuell, das zweite T für Transgender, I
für intersexuell und Q für queer. Ersparen Sie mir bitte, die
einzelnen Begriffe zu erklären, wichtig ist, dass es sich um
eine Gemeinschaft von Menschen handelt, deren sexuelle Ausrichtung,
grob ausgesprochen, von der Norm abweicht. Ich fürchte, selbst
der ausgefuchsteste Scrabble-Spieler könnte die Buchstaben nicht
in eine aussprechbare Reihenfolge bringen. Wir kommen also um
LSBTTIQ nicht herum.

Der
Begriff Sprechstundenhilfe wäre ethisch nur dann vertretbar,
würde es sich um eine ungelernte Aushilfskraft handeln, die
für eine Medizinische Fachangestellte eingesprungen wäre. Ich
weiss aber nicht, ob es eine Glosse besser macht, wenn man auf
diesen Umstand hinweist. Insofern bin ich zum Schluss gekommen,
bis auf Weiteres auf Medizinische Fachkraft zu verzichten.
Ich
bin froh, dass ich Journalist bin. Der Begriff ist nicht geschützt.
Journalist darf sich jeder schimpfen, selbst Typen, die es noch
nicht geschnallt haben, dass die Sprechstundenhilfe längst Medizinische
Fachangestellte heisst.
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