Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (04. November 2018)
 
Mehr Gnocchi für Altmaier
 

   Dank der Winterzeit sind wir eine Stunde jünger. Aber mit der Sommerzeit könnten wir beim Italiener länger draussen sitzen. Am besten, jeder macht, was er will.



   "Entschuldigung, können Sie mir sagen, wie viel ...?" - "Wie viel was?" - "Also, die Uhrzeit ..." - "Sie sind heute schon der Fünfte! Ich habe keine Ahnung. Ich habe geschlafen wie immer und beim Aufstehen war die Uhr falsch, verstehen Sie? Und jetzt, vor, zurück, vor. Ich habe seit Tagen meine Kinder nicht mehr gesehen, weil jeder kommt und geht, wann er will." - "Aber ich wollte doch nur ..." - "Jaja, aber ich sage: Wir brauchen da wieder mehr Ordnung. Jemanden, der mit dem ganzen Sommerwinterzeugs aufräumt. Der vor geht und nicht nach. Eine Zeit für alle Deutschen. Und den anderen drehen wir den Zeiger um, bis sie quietschen." - "Also, ich finde, jetzt übertreiben Sie ein wenig." - "Ich übertreibe? Wer hat uns denn den ganzen Schlamassel eingebrockt? Die da in Berlin mit ihrem dauernden Vor und Zurück." - "Na ja, eigentlich geht es in Berlin ja nur noch zurück." - "Egal, ich sage nur: Fünf nach Zwölf. Oder mehr. Mindestens!" - "Können Sie mir denn jetzt sagen, wie viel Uhr ...?" - "Ich denke nicht daran!"

   Wir blenden uns hier aus dem Dialog über den Sinn und Unsinn der Sommer- oder Winterzeit aus und stellen verbindlich fest: Es ist jetzt genau 22 Minuten vor ... bzw. zwölf nach ... Ist ja garnicht so schwer. Man musste diese Woche nur in der Nacht der Entscheidung aufstehen, zum Bahnhof fahren und dort warten, bis der Zeiger auf drei sprang oder zurück auf zwei. Oder man wartete eine Stunde und sah dann weiter. Wer das geschafft hat, kann sich jetzt, um zwölf nach, eine Stunde mehr Zeit lassen, um diesen Text zu Ende zu lesen. Die anderen müssen halt ein paar Abschnitte überspringen.

   Dabei bringt die Zeitumstellung im Herbst nur Vorteile. Man gewinnt eine Stunde, wird also jünger. Dem Vernehmen nach wollte EU-Kommossionspräsident Juncker mit der Telefonabstimmung, die an einem Wochentag von 6:30 bis 6:43 stattfand und an der sich Millionen, wenn nicht sogar mehrere Hunderte Bürger beteiligten, einige seiner tiefsten Gesichtsfurchen glatt bügeln.



   Peter Altmaier dagegen dringt auf die Sommerzeit, weil er dann abends länger draussen sitzen kann und Gnocchi mit Walnuss-Gorgonzola-Sauce essen kann. Bei einer Umstellung um eineinhalb Stunden wäre sogar noch eine Flasche Primitivo drin. Die SPD aber will, dass in Bayern die Uhren um 50 Jahre zurück gestellt werden, um den Geisteszustand der dortigen Machtinhaber gerecht zu werden. Zudem würde Horst Seehofer aufgrund des ewigen Zeitrückstands nie wieder in Berlin ankommen. Die Deutsche Bahn möchte die Uhren je nach Verspätungslage täglich um fünf Stunden vor und zurück, auf null oder nach links und nach rechts drehen.

   Bis zu einer endgültigen Entscheidung geht alles so weiter wie bisher. Vor oder zurück. Hin und her. Menschen drehen orientierungslos an ihren Armbanduhren, lassen sich von den digitalen Menüs ihrer Wecker verhöhnen, verpassen Schicht und Rendezvous, basteln sich Hilfsreime zur Zeitumstellung wie "Die Uhren werden umgestellt, bis jeder Treff ins Wasser fällt". Oder "Egal wo hin der Zeiger zeigt, In Deutschland macht sich Chaos breit." Wer sehnsüchtig zurückblickt, schaut eigentlich schon nach vorn - und für die anderen ist ohnehin alles zu spät.
 

 

Zurück