Über dem politischen Schlachtfeld
lag in dieser Woche Apathie. Wo gerade noch der Blutrausch raste,
hörte man erschöpftes Durchatmen, Gliederknacken, Bauchkratzen
und Gähnen. Warum auch nicht. Die Grenzen sind dicht, der Testosteronspiegel
bei den politischen Kraftmeiern weit im Soll. Seit die bayerischen
Schleierfander ihren Schleier über Österreich, den Balkan, Italien,
die Nord- und die Ostsee, Finnland und Teile der Stratosphäre
warfen, haben sogar migrationswillige Maulwürfe ihren Asyltourismus
aufgegeben.

Doch
was nun? Zurücklehnen? Stillhalten gar? Wochenlang hat man die
Politik in Atem gehalten, um sich gebissen, gekratzt und gepöbelt.
Jetzt drohte die alte bayerische Krankheit. Kaum hat man das
Heft des Handelns an sich gerissen, versinkt man in dösiger
Selbstzufriedenheit und trinkt sich meditativ in den alpinen
Sonnenuntergang hinein. Zum Ende der Woche hin wurden die Warnungen
zahlreicher. Es drohe der von der bayerischen Politik am meisten
gefürchtete Zustand: Stabilität und Ruhe - und damit die Gefahr,
nicht mehr wahrgenommen zu werden. Diese Nicht-Wahrnehmung ist
für einen Politiker des Freistaats schlimmer als ein Batzen
Taubenkot im Bierglas.
Panische Debatten
folgten. Man müsse nachlegen, draufsatteln, Lärm machen ...
in Berlin auch mal krachledern auftreten ... Störfaktor bleiben
... an die Landtagswahl denken, weil "Wenn die schiefgeht
- Heiligemuttergottesbetefürunssünder!" Aber wie? Beklommenes
Schweigen folgte. Sollten die Grenzkontrollen auch auf Nichtraucher,
Homosexuelle, Atheisten und Radfahrer ausgeweitet werden? Ein
Claim müsse her, meinten einige aufstrebende Jungpolitiker der
Staatspartei und erklärten auf verdutztes Nachfragen der Älteren;
Na ja, irgendein griffiger Spruch halt. Ein Reinheitsgebot für
das Land etwa, das den Rechten endgültig das Wasser abgraben
würde. "Bayern sortenrein" - damit würden auch Sauberkeitsfantasien
von Rentnern und Hausfrauen befriedigt.

Doch
mit welchem Personal? Der Parteichef wirkte zuletzt gebeugt
und wächsern, unterdrückte kaum ein Gähnen in der Öffentlichkeit.
Erst durch das Kokettieren mit seinem Alter sei klar geworden,
dass er erst 69, also blutjung ist und vermutlich auf Lebenszeit
in der Politik bleiben will. Ein Plan sieht deshalb vor, ihn
wieder zu seiner üblichen Rücktrittsangebote zu drängen, dieses
dann aber überraschend anzunehmen. Auch ein politischer Mord
- in der CSU Routine - werde erwogen.
Der
Rest der Republik kann also aufatmen. In der politischen Arena
blähen sich bald wieder die Nüstern. Die giftige, bucklige Kröte
des Populismus übernimmt die Amtsgeschäfte. Der Sommer verspricht
damit weit mehr als Eisdielen-Routine, erotisches Geschnäbel
oder Cocktail-Stumpfsinn.
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