Gott sei Dank, nur noch
wenige Stunden, dann startet der Eurovison Song Contest, das
wichtigste europäische Grossereignis seit dem letzten Liebesjauchzer
von Meghan Markle und dem sagenumwobenen Sängerstreit auf der
Wartburg im 13. Jahrhundert. Die Nerven und Stimmbänder sind
zum Zerreissen gespannt.

Zwar
konnten im Unterschied zu den "yeah" und "uuuh"
quieckenden Blödelbarden von heute die einstigen Minnesänger
ganze Sätze bilden, die voller Poesie waren und die Zuhörer
zu Kullertränen rührten. Ansonsten bleibt in Lissabon alles
unverändert und erinnert eher an einen Mittelaltermarkt in Altmittweida.
Die
verstimmten Klampfen werden wie Hellebarden geschwungen. Das
gezeigte Jungmenschenfleisch ist zu stark gepfeffert. Die flaumbärtigen
Krähhacken orientierten sich stilistisch an Walther von der
Vogelweide und am grünen Betteltroubadour Anton Hofreiter. Sie
wirken nur bedingt geschlechtsreif, tragen dafür güldne Locken
und Leggins. Und die holden Maiden mit ihren helmartigen Haarknödeln?
Glotzen kuhäugig aus ihrer byzantinischen Reizwäsche. Am Ende
des Tages stehen noch öffentliche Hinrichtungen samt Dudelsackbegleitung
an. Zero Points, null Silberlinge und Kopf ab für Deutschland.
Und
wie anno dunnemals wird der Musikwettbewerb zweckentfremdet.
Schon der grosse Heavy-Metal-Theoretiker Carl von Clausewitz
vertrat die These "Der ESC ist eine blosse Fortsetzung
des Kalten Krieges mit anderen Mitteln". Wohl war, möchte
man zustimmend mitwippen, wenn man sich die Ostblockkapellen
genau anschaut. Sie halten zusammen wie besoffene Donkosakenchöre.
Ihre Liebestexte bestehen aus Fake News, den schönsten Verteidigungsreden
von Wladimir Putin sowie aus der Bedienungsanleitung für die
neue kyrillische Mittelstreckenrakete. Songwriter ist ein Hofnarr
namens Gerhard Schröder, der Dieter Bohlen der Krim. Westliche
Geheimdienste schlagen Alarm. Der Beitrag der russischen Sängerin
könnte eine als Superpowerballade getarnte Cyberattacke auf
den Bundestag sein. Die Deutsche Bahn warnt vorsorglich vor
Zugunfällen, die Post vor frühzeitigen Entfristungen ihrer Mitarbeiter.

Die
Regierung macht derweil ihr Jodeldiplom auf der Zugspitze, plant
einen Wertekunde-Unterricht für Xavier Naidoo, Kollegah, Farif
Bang sowie Millionen anderer rappender Antisemisten, Frauenhasser,
Hassprediger und Reichsbürger in diesem Land, um dann beim ESC
im Jahr 2118 einen Sieg zu holen.
Letzte
deutsche Hoffnung in Lissabon bleibt der seit Tagen vermisste
Martin Schulz. Angeblich soll er sich als aserbaidschanischer
Derwisch und Backroundsänger verkleidet haben. Zu erkennen ist
er an seiner hohen Kastratenstimme, die einem pfeifenden Partikelfilter
nicht unähnlich ist.
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