Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (29. April 2018)
 
Die Datenkrake ist auch nur ein Mensch
 

   Würde man beim Bäcker, auf dem Schulhof oder in den sozialen Netzwerken herumfragen, welche Spezies die schlimmste ist, die Antwort käme im Chor: "Die Datenkrake ist es! Wird höchste Zeit, dass es dieser Krake an den Kragen geht!"



   Wo Einigkeit sich breitmacht, da werden wir von der auf Achtsamkeit geeichten "Dinge der Woche"- Eingreiftruppe hellhörig, schliesslich gehört unsere Aufmerksamkeit und Sympathie gerade auch jenen Geschöpfen, die keiner so richtig mehr hören mag. Aus diesem Grund fragen wir die Nutzer sozialer Medien: Habt ihr euch eigentlich mal überlegt, was ihr Facebook, Twitter und Co. jeden Tage so zumutet? Glaubt ihr, das geht spurlos an einer Datenkrake vorbei, wenn ihr ständig Katzenvideos hinausposaunt oder eine Facebook-Seite für euren prostatakranken Hamster aufmacht?

   Zugegeben, die Vorrede ist uns ein wenig lang geraten, fast so lang wie die allgemeinen Geschäftsbedingungen von Facebook. Um was es uns geht, ist dies: Wir haben in diesen Tagen einen Menschenversuch gestartet, von dessen Ausgang wir selbst gespannt waren. Der Testlauf nahm frühmorgens irgendwo in Stuttgart seinen Anfang. Eine Testperson stieg auf ein Fahrrrad und machte sich auf den Weg nach München, das sie am selben Tag noch zu erreichen gedachte.

   Als ob dies nicht schon Heldentat genug sei, sattelte unsere Testperson noch eins obendrauf: Sie bekundete vor der Abfahrt, dass sie diese Fahrt unternehmen werde, ohne sich von unterwegs zu melden. Medienexperten hegten ihre Zweifel, ob dies in Zeiten von Social Media Posing, dem digitalisierten Backenaufblasen, gelingen könne.

   Mit jedem Kilometer wurde unserem Probanden klarer, was für eine Herkulesaufgabe er da auf sich genommen hatte, denn selbstverständlich erlebte er Dinge, von denen er überzeugt war, dass die Welt zeitnah davon erfahren sollte. Also da wären:



   1. Beim Getränkeauffüllen in einem Supermarkt in Geislingen / Steige von einem Herrn den Tipp bekommen, doch die angenehmere Weiler Steige statt der Waldhauser Steige zu nehmen. 2. In Dillingen / Donau bei einem Grossbäcker eine Leberkäsesemmel bestellt, die nur mit zwei dünnen Wurstscheiben belegt war (armes Bayern!). 3. In Augsburg an eine Strasse gekommen, die den Namen Gentner trägt, also nach einem VfBler benannt ist (Wir Schwaben müssen zusammenhalten). 4. Unterwegs keinen einzigen Platten gehabt, obwohl die Bayern, diese Furzklemmer, um Asche zu sparen, Wald- und Feldwege mit Vorliebe grob schottern.

   Unser Mann hat durchgehalten. Kein Tweet noch sonst eine digitale Lebensäusserung ist ihm entfleucht. Leicht ist es ihm nicht gefallen. Vielleicht schreibt er ein Buch darüber.
 

 

Zurück