Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (01. April 2018)
 
Sortenrein ist die Hoffnung
 

   Nichts gegen ein bisschen Umweltsauerei, solange sie sich emotional rechnet. Angenommen, man bekäme einen Sportwagen in die Hände. Würde man sich dann hinters Steuer setzen, um den im Prospekt abgegebenen Normverbrauch zu unterbieten? Oder gäbe man Gas? Selbst eingefleischte Prius-Fahrer wüssten, was zu tun ist.

   Ich persönlich würde den Spass schon deshalb auskosten, weil ab einem gewissen Alter das Aussteigen die Kehrseite der Medaille ist. Man muss Sportwagen nicht nur fahren, sondern ihn auch abstellen können, und zwar so, dass man mühselig heraussteigen kann, ohne von jungen Damen dabei gesehen zu werden.



   Ganz anders bin ich bei Umweltdingen gestrickt, wenn es um die Verpackung von Zuckerrübensirup geht, da werde ich zum Ökö-Tier. Zuckerrübensirup? Sie wissen schon, diese zähe, schwarze Masse, die manche Leute zum Backen oder zum Verfeinern von Sossen nehmen. Ich teere damit dick mit Butter bestrichene Bauernbrotscheiben.

   Unlängst hat die bisher von mir bevorzugte Zuckerrübensirupmarke ihre Verpackung verändert. Statt in beschichteten Pappbechern wird die Pampe jetzt in Plastikbehältnissen verkauft. Also wollte ich vom Hersteller wissen, ob das seine Schnapsidee war oder ob die Anweisung von höchster Stelle  kam. Die EU steht im Verdacht, sich doch so manche Merkwürdigkeiten einfallen zu lassen.

   Während ich die Mail schrieb, ging mir eine Fernsehdokumentation durch den Kopf. Wenn wir so weitermachen, so der Inhalt der Sendung, schauen die Weltmeere bald so aus wie der See in alten Augsburger Puppenkisten-Folgen. So weit das Auge reicht, alles nur Plastikfolie.

   Die Antwort aus der Zuckerrübensirupfabrik kam prompt, als seitenlange Abhandlung. "Ansteigende Reklamationen von Kundenseite bezüglich der Instabilität des Pappbechers" hätten dazu geführt, dass man auf Plastikbecher umgestiegen sei. Die EU war aus dem Schneider, der Verbraucher nicht, dem wäre der Pappbecher zu soft gewesen. Vielleicht hätte er ab und zu mal Sportwagen fahren sollen, dann hätte ihn der lätschige Pappbecher nicht gejuckt.



   Weiter hiess es, die neue Verpackung bestehe aus Polypropylen, der Kunststoff sei sortenrein und gehöre in den Gelben Sack. Er könne dort mittels Lasertechnik problemlos aussortiert werden. Auch wurde mir versichert, dass die ollen Pappbecher "ökologisch nicht vorteilhafter gewesen" seien.

   Wenn der sortenreine Kunststoff sortenrein aussortiert und als Sportwagen wiederverwendet würde, soll's mir recht sein. Als kritischer Konsument werde ich künftig jeden Plastikbecher mit meiner Adresse und einem mehrsprachigen Hinweis versehen: "Sollten Sie dieses Ding aus dem Meer gefischt haben, bitte an mich zurücksenden. Porto zahlt Empfänger." In dem Fall würde ich den Zuckersiruptypen sortenrein einen einschenken.
 

 

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