Kein Land begegnet dem Frühling
so entschlossen und effizient wie Deutschland. In den Eisdielen
erwachten diese Woche die letzten Kühlkompressoren rumpelnd
aus dem Winterschlaf, man polierte die venezianischen Modell-Gondeln
und füllte die schwimmbadgrossen Wannen mit dem Eis des Jahres
(Zartbitter-Brokkoli-Melone mit Streuseln vom abgehangenen Serrano-Schinken).
Die Hobbygärtner riefen jeden Grashalm mit seinem Spitznamen,
kniffen dem Schneeglöckchen schelmisch in den Blütenkelch und
zwangen die schlaftrunkenen Tulpen dazu, ein kleines Frühjahrsballett
vor der Doppelgarage zu tanzen.

In
Berlin formte Merkel bei ihrer Vereidigung noch einmal ihre
schönste Raute, woraufhin die Schachtelhalme des Kabinetts zu
keimen begannen. Der neue Heimatsminister zog einen Jägerzaun
um sein Reich, in dessen Grenzen die Sonne des christlichen
Abendlandes nie untergeht. Dort müssen sich orientalische Einwanderer
registrieren lassen und werden bei etwaiger Vermischung mit
heimischen Traditionsgewächsen zurückgeschnitten oder per Fleurop
in ihre Heimat zurückgeschickt, wo sie höchstens mit Tränen
gegossen werden. Auch die restlichen Schattengewächse des Kabinetts
der grossen Koalition hatten die Winterkälte, die Verhandlungen
im Neonlicht, die Twitterkaskaden und Intrigen zwar bleich,
aber meist unbeschadet überstanden. Der Kunstdünger der Macht
liess jetzt neues Leben in ihre Keimbahnen fliessen.
Der
neue Finanzminister, ein krautiger Farn, presste zwischen seinen
schrundigen Blättern etwas wie ein Lächeln hervor und drohte
jedem, der Geld fordert, die langen Finger mit der Gartenschere
abzuschneiden. Die Landwirtschaftsministerin, eine Kreuzung
zwischen umarmender Sonnenblume und pfälzischer Weinrebe, liess
die Wangen des Landes wie Pfirsische leuchten. An ihrer pastellfarbenen
Volksnähe zerschellten die Tannenzapfen der politischen Populisten
und entliessen nur einen mürben Geruch nach Nieswurz und Kohl,
der manchen an das Dritte Erdreich erinnerte.

Experten
glauben, dass die Frühlingseuphorie nur kurz halten wird. Danach
werde der Heimatsminister missmutig seinen Garten umgraben,
wo sich bayrischer Intrigen-Schierling breitmacht. Der Finanzminister
werde so lange mit dem Rasenkantenschneider traktiert werden,
bis er aus der grossen sozialrosa gefärbten Giesskanne das süsse
Gift des Subventionsdüngers ausgiessen wird. Windkraftanlagen
werden emporschiessen, Breitbandkabel die Trockenmauern hochkriechen
und Schulklassen sich in Zierbeete der humanistischen Bildung
und digitalen Kompetenz verwandeln. Das ohnehin schon gut genährte
Land wird dann platzen und muss in der Grünguttonne entsorgt
werden. Aber im nächsten politischen Frühling beginnt der ewige
Kreislauf der Natur wieder von vorn.
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