Die Ruhe auf den Strassen
und die gähnende Leere im Verkehrsfunk können nicht darüber
hinwegtäuschen, dass unter deutschen Dächern gewerkelt wird,
wie in Pyeongchang vor dem Anpfiff der Olympischen Winterspielen.
Unsere besten Brückentagebauer loten in diesen Tagen aus, was
sie aus dem eben angelaufenen Jahr für sich herausholen können.
In
kaum einer anderen Freizeitdisziplin tritt der Unterschied zwischen
Stümpern und Profis so sehr zutage wie in der Kunst des Brückentagebauens.
Über den Einsatz unerlaubter Aufputschmittel spricht in dieser
Branche kein Mensch. Der Wettbewerb ist beinhart, Doping gehört
zum Geschäft.

Wer
sich etwa über vier freie Tage am Stück freut, weil er rechtzeitig
den Montag vor dem 1. Mai, einen Dienstag, als Urlaubstag eingereicht
hat, für den haben die Könige des Fachs nur ein müdes Lächeln
übrig. Den wahren Kennern gelingen Brückentagebauwerke von geradezu
monströser Tragweite, daneben erscheinen die Golden Gate Bridge
oder die Hängebrücke über den Grossen Belt wie die Projekte
schlecht rasierter Hornbach-Heimwerker. Man weiss nicht, wie
es diese Genies jedes Mal hin bekommen, aber drei bis vier Urlaubstage
reichen den Cracks, und man sieht sie den ganzen Mai nicht im
Büro.
Schaut man im Pons-Wörterbuch
nach, wie ein Engländer zum Brückentag sagt, stösst man auf
eine ellenlange Erklärung - man bräuchte ein verlängertes Wochenende,
um sie herunter zu beten. Dies legt den Verdacht nahe, dass
der Brückentag eine ziemlich deutsche Erfindung sein muss -
noch deutscher als die Sylvesterknallerei, ein Brauch, das hat
uns ja dieser Jahreswechsel gelehrt, der noch aus dem Loch pfeift.
Wer
ein Verbot der Sylvesterknallerei verhindern möchte, sollte
lautlose Böller erfinden. Einer Menschheit, die Bier ohne Alkohol
konsumiert, müsste das ja möglich sein. Das Geschrei moralisch
motovierter Knallkörper im Netz übertönte in diesem Jahr jeden
Kanonenschlag. Feinstaubparanoiker bekäme man mit den Leiseknaller
zwar nicht zum Schweigen, aber jene, die glauben, Hund oder
Katze würden jedes Neujahr aufs Neue traumatisiert.

Ich
bin für Böller, aber gegen Brückentage. Dass ich mich der Brückentagebauerei
verweigere, hat nichts damit zu tun, dass ich ohne Arbeit garnicht
leben könnte. Mir graut es nur vor der Vorstellung, dass ich
weg war und es niemanden aufgefallen sein könnte. Dieses zu
Ende gedacht führt in letzter Konsequenz dazu, dass einer auf
die Idee kommen könnte, man habe gar nicht gefehlt.
Wussten
Sie übrigens, dass das Wort Brückentag im Laufe der Jahrhunderte
einen Bedeutungswandel erfahren hat? Früher war der Brückentag
der höchste Feiertag der Zahnärzte. In diese Lücke ist nun die
breite Masse gestossen.
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