Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (17. Dezember 2017)
 
Das kann doch nicht gesund sein!
 

   Dienstagabend. Ich sitze vor dem Fernseher und schaue Fussball. Scharfe Flanke von rechts, in der Mitte steigt einer hoch und köpft das Ding ins Netz. Schönes Tor. Hoffentlich kommt jetzt meine Frau nicht ins Zimmer und vermiest mir den Moment. Ich weiss nämlich genau, was sie zum Tor sagen würde: Das kann doch nicht gesund sein!



   Meine Frau ist der Meinung, dass Kopfbälle dumm machen. Überhaupt sei Fussball ein viel zu aggressives Spiel. Die vielen Fouls und Verletzungen - das mag sie alles nicht sehen. Hört meine Frau den Begriff "englische Woche", denkt sie vermutlich an ein blutiges Steak.

   Ob Kopfbälle wirklich dumm machen, kann ich nicht sagen, dafür bin ich zu blöd. Ich habe mein ganzes Leben lang Fussball gespielt, gerne auch mit dem Kopf. Wir haben Kopfball damals auch trainiert, und wenn ich heute lese, dass Mediziner maximal vier Kopfbälle am Tag empfehlen, dann frage ich mich, wie ich diese Erkenntnis in meinem Leben hätte umsetzen sollen. Vielleicht so: Hey, Trainer, das waren jetzt vier Kopfbälle, mehr hat mir mein Arzt verboten! Da hätte mir mein Trainer gesagt, dass ich mir dann auch keinen Kopf machen brauche, ob ich am Wochenende spiele.

   Wer jetzt meint, Kopfbälle seien aber ein läppisches Thema, dem biete ich die Stirn. Vor wenigen Tagen haben Sportmediziner der Universität Paderborn ein internationales Forschungsprojekt bekannt gegeben. In der Kopffussball-Forschung bestehe wissenschaftlicher Nachholbedarf, hiess es. Drei Kliniken, drei Forschungszentren und drei Fussballvereine wollen gemeinsam herausfinden, ob es stimmt, was meine Frau sagt.



   Ich persönlich bin ja der Meinung, aber das sage ich nicht laut, dass Fussballspielen eine gewisse geistiige Schlichtheit erfordert, zumindestens auf dem Platz. Da vorn steht ein Tor und da muss der Ball rein, so einfach ist das. Sollten also Kopfbälle dafür sorgen, dass man die letzte Niederlage leichter vergissst und man sich auf dem Weg zum Tor nicht mehr so viele Gedanken macht, dann ist aus fussballtechnischer Sicht dagegen nichts zu sagen.

   Dienstagabend. Ich hole mir was zum trinken. Auf dem Weg in die Küche begegne ich meiner Frau, sie will mit mir reden, irgendwas mit Weihnachten. Es wird ein kurzes Gespräch, schliesslich läuft im Wohnzimmer Fussball. Als ich zum Fernseher zurückkehre, muss ich feststellen, dass ich trotzdem zwei Tore verpasst habe. Zwei Tore, oh Mann! Man gebe mir ein Kopfballpendel, um das zu vergessen. Soll ich meiner Frau Vorwürfe machen? Nein. Ich entscheide mich lieber dazu, den Ärger in mich rein zu fressen - auch wenn meine Frau dazu sagen würde: Das kann doch nicht gesund sein!
 

 

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