Dienstagabend. Ich sitze
vor dem Fernseher und schaue Fussball. Scharfe Flanke von rechts,
in der Mitte steigt einer hoch und köpft das Ding ins Netz.
Schönes Tor. Hoffentlich kommt jetzt meine Frau nicht ins Zimmer
und vermiest mir den Moment. Ich weiss nämlich genau, was sie
zum Tor sagen würde: Das kann doch nicht gesund sein!

Meine
Frau ist der Meinung, dass Kopfbälle dumm machen. Überhaupt
sei Fussball ein viel zu aggressives Spiel. Die vielen Fouls
und Verletzungen - das mag sie alles nicht sehen. Hört meine
Frau den Begriff "englische Woche", denkt sie vermutlich
an ein blutiges Steak.
Ob Kopfbälle
wirklich dumm machen, kann ich nicht sagen, dafür bin ich zu
blöd. Ich habe mein ganzes Leben lang Fussball gespielt, gerne
auch mit dem Kopf. Wir haben Kopfball damals auch trainiert,
und wenn ich heute lese, dass Mediziner maximal vier Kopfbälle
am Tag empfehlen, dann frage ich mich, wie ich diese Erkenntnis
in meinem Leben hätte umsetzen sollen. Vielleicht so: Hey, Trainer,
das waren jetzt vier Kopfbälle, mehr hat mir mein Arzt verboten!
Da hätte mir mein Trainer gesagt, dass ich mir dann auch keinen
Kopf machen brauche, ob ich am Wochenende spiele.
Wer
jetzt meint, Kopfbälle seien aber ein läppisches Thema, dem
biete ich die Stirn. Vor wenigen Tagen haben Sportmediziner
der Universität Paderborn ein internationales Forschungsprojekt
bekannt gegeben. In der Kopffussball-Forschung bestehe wissenschaftlicher
Nachholbedarf, hiess es. Drei Kliniken, drei Forschungszentren
und drei Fussballvereine wollen gemeinsam herausfinden, ob es
stimmt, was meine Frau sagt.

Ich
persönlich bin ja der Meinung, aber das sage ich nicht laut,
dass Fussballspielen eine gewisse geistiige Schlichtheit erfordert,
zumindestens auf dem Platz. Da vorn steht ein Tor und da muss
der Ball rein, so einfach ist das. Sollten also Kopfbälle dafür
sorgen, dass man die letzte Niederlage leichter vergissst und
man sich auf dem Weg zum Tor nicht mehr so viele Gedanken macht,
dann ist aus fussballtechnischer Sicht dagegen nichts zu sagen.
Dienstagabend.
Ich hole mir was zum trinken. Auf dem Weg in die Küche begegne
ich meiner Frau, sie will mit mir reden, irgendwas mit Weihnachten.
Es wird ein kurzes Gespräch, schliesslich läuft im Wohnzimmer
Fussball. Als ich zum Fernseher zurückkehre, muss ich feststellen,
dass ich trotzdem zwei Tore verpasst habe. Zwei Tore, oh Mann!
Man gebe mir ein Kopfballpendel, um das zu vergessen. Soll ich
meiner Frau Vorwürfe machen? Nein. Ich entscheide mich lieber
dazu, den Ärger in mich rein zu fressen - auch wenn meine Frau
dazu sagen würde: Das kann doch nicht gesund sein!
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