Deutschland im Herbst. Der
grobstollige Reifen der Geländewagen zermalmen Feldwege, Kleintiere
und leichtsinnig abgestellte Fahrräder. Grün-Rot beherrscht
die Szene - doch es ist kein politisches Bündnis, sondern die
Kombination älterer Männer mit roten Gesichtern in grüner Lodenkluft.
Durch Wald und Flur hallen die Schreie der Jagdhelfer, die für
die neue Rechtspartei versprengte Sozialdemokraten und CDU-Funktionäre
in die Lichtungen treiben - dort wo bestes Büchsenlicht herrscht.
Pulverdampf und Erbsensuppendunst brechen das Licht der tief
stehenden Sonne.

Man
werde Frau Merkel jagen, hatte die Rechtspartei angekündigt
und auf die Frage nach der Jagderlaubnis dem juristischen Dienst
des Bundestags einwandfreie Papiere vorgelegt. Seitdem bersten
die Spinde im Bundestag von all den Langwaffen und der Munition,
die darin verwahrt werden. Nachdem man jahrzehntelang um Jagdreviere
bei doktrinären Tier- und Naturschützern betteln musste, werde
man sich jetzt das Land zurückholen, versprach die neue Rechte.
Dieser Prozess ist bereits im vollen Gang. Teile Mecklenburgs
und Sachsens gehören inzwischen der neuen Partei. In Niedersachsen
wurde den Bewohnern ein Ultimatum gestellt: Entweder sie verlassen
ihre Heimat oder sie werden systematisch angefüttert und dann
bejagt.
Bei den Fraktionsberatungen
diese Woche fehlten bereits prominente Gesichter. Haben sie
sich versteckt oder hängen sie bereits als Jagdbeute neben dem
Führerportrait in einem Wirtshaus-Hinterzimmer der Sächsischen
Schweiz? Niemand weiss es. Die Regierungspartei - zunächst von
Angst gelähmt - handelte am Ende der Woche schliesslich. Man
strebt einen politischen Handel mit den Rechten an und würden
ihnen ganz Ostdeutschland überlassen, wenn sie im Gegenzug versprechen,
nicht mehr zu schiessen. Die Frage ist allerdings, was die Partei
mit dem ihr zugefallennen Landstrichen macht. Erste Szenarien
zeigen ethnisch homogene Dorflandschaften, gepflegte Paradeplätze
sowie Altenheime mit Tweed-Senioren und Wochenschau-Kinos.

Vergleichsweise
ungemütlich wird es dagegen in Bayern. Dort droht die klassische
Nacht der langen Messer, die nach Wahlniederlagen meist in einem
Tagungshotel an der A 9 stattfindet. Die ersten Deligierten
seien bereits eingetroffen, hiess es. Es gibt ein kalt-warmes
Büfett und Augustiner. Wer am Ende den Kopf des Parteivorsitzenden
mit nach Hause nehmen darf, ist aber noch offen. Es werde in
jedem Fall menschlich anständig zugehen, wurde versichert.
Der
geschlagende Spitzenkandidat der alten Arbeiterpartei zieht
unterdessen einsam durch die zugigen Gassen Berlins und ertränkt
seinen Kummer in Rote-Beete-Smoothies. So wie es aussieht, taugt
er nicht mal mehr als Jagdbeute.
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