Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (01. Oktober 2017)
 
Endlich Büchsenlicht
 

   Deutschland im Herbst. Der grobstollige Reifen der Geländewagen zermalmen Feldwege, Kleintiere und leichtsinnig abgestellte Fahrräder. Grün-Rot beherrscht die Szene - doch es ist kein politisches Bündnis, sondern die Kombination älterer Männer mit roten Gesichtern in grüner Lodenkluft. Durch Wald und Flur hallen die Schreie der Jagdhelfer, die für die neue Rechtspartei versprengte Sozialdemokraten und CDU-Funktionäre in die Lichtungen treiben - dort wo bestes Büchsenlicht herrscht. Pulverdampf und Erbsensuppendunst brechen das Licht der tief stehenden Sonne.



   Man werde Frau Merkel jagen, hatte die Rechtspartei angekündigt und auf die Frage nach der Jagderlaubnis dem juristischen Dienst des Bundestags einwandfreie Papiere vorgelegt. Seitdem bersten die Spinde im Bundestag von all den Langwaffen und der Munition, die darin verwahrt werden. Nachdem man jahrzehntelang um Jagdreviere bei doktrinären Tier- und Naturschützern betteln musste, werde man sich jetzt das Land zurückholen, versprach die neue Rechte. Dieser Prozess ist bereits im vollen Gang. Teile Mecklenburgs und Sachsens gehören inzwischen der neuen Partei. In Niedersachsen wurde den Bewohnern ein Ultimatum gestellt: Entweder sie verlassen ihre Heimat oder sie werden systematisch angefüttert und dann bejagt.

   Bei den Fraktionsberatungen diese Woche fehlten bereits prominente Gesichter. Haben sie sich versteckt oder hängen sie bereits als Jagdbeute neben dem Führerportrait in einem Wirtshaus-Hinterzimmer der Sächsischen Schweiz? Niemand weiss es. Die Regierungspartei - zunächst von Angst gelähmt - handelte am Ende der Woche schliesslich. Man strebt einen politischen Handel mit den Rechten an und würden ihnen ganz Ostdeutschland überlassen, wenn sie im Gegenzug versprechen, nicht mehr zu schiessen. Die Frage ist allerdings, was die Partei mit dem ihr zugefallennen Landstrichen macht. Erste Szenarien zeigen ethnisch homogene Dorflandschaften, gepflegte Paradeplätze sowie Altenheime mit Tweed-Senioren und Wochenschau-Kinos.



   Vergleichsweise ungemütlich wird es dagegen in Bayern. Dort droht die klassische Nacht der langen Messer, die nach Wahlniederlagen meist in einem Tagungshotel an der A 9 stattfindet. Die ersten Deligierten seien bereits eingetroffen, hiess es. Es gibt ein kalt-warmes Büfett und Augustiner. Wer am Ende den Kopf des Parteivorsitzenden mit nach Hause nehmen darf, ist aber noch offen. Es werde in jedem Fall menschlich anständig zugehen, wurde versichert.

   Der geschlagende Spitzenkandidat der alten Arbeiterpartei zieht unterdessen einsam durch die zugigen Gassen Berlins und ertränkt seinen Kummer in Rote-Beete-Smoothies. So wie es aussieht, taugt er nicht mal mehr als Jagdbeute.

 

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