Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (03. September 2017)
 
Braucht jemand einen Rückenkratzer?
 

   Die Dinge der Woche? Puh, ich weiss gar nicht, wo ich anfangen soll. Das waren ein kaputter Handstaubsauger, ein altes Waffeleisen, viele Bilderrahmen und Bettwäsche, Bettwäsche, Bettwäsche.

   Ich räume gerade die Wohnung meiner Eltern aus. Mein Vater ist gestorben, meine Mutter im Heim. Eine mühevolle und traurige Arbeit, die einen allerdings auch viel über das Leben lehrt. Zum Beispiel, dass es vielen Menschen offenbar schwerfällt, sich von alter Bettwäsche zu trennen. Es ist mir bereits in anderen Haushalten aufgefallen. Da waren die Schränke voll mit alter, zum grossen Teil löchriger Bettwäsche. Ich tippe mal, dass in deutschen Schlafzimmern Bettwäsche-Reserven lagern, die den weltweiten Bedarf locker decken könnten. Ist das nicht etwas überzogen?



   Ich habe für mich entschieden, dass ich meinen Kindern mal nicht so viele Dinge hinterlassen will. Denn bei jedem Teil, das man wegwirft, überkommt einen das schlechte Gewissen: Die Urkunde für sportliche Erfolge, die Bronzemedaille für 25-jährige Mitgliedschaft - Stück für Stück fliegt das Leben meiner Eltern weg. Aber was soll ich machen? Ich kann ja kein Mausoleum bauen.

   Manche Dinge versuche ich auch im Internet zu verkaufen. Da lasse ich meine Kinder ran, die sollen mal lernen, wie das so ist mit Angebot und Nachfrage. Ich selbst bin ja eher ein alter Print-Onkel, lese Zeitung und schreibe Zeitung.

   Eigentlich sollte ich schon von Berufswegen auch politisch interessiert sein. Vor lauter Wohnungsausräumen habe ich aber vom Bundestagswahlkampf bisher nicht so viel mitbekommen. Oder liegt das gar nicht an mir, sondern am Wahlkampf, der angeblich keiner ist?



   Jedenfalls bin ich dieses Mal echt froh über die vielen Wahlplakate. Da weiss ich wenigstens in etwa, wer so alles antritt und was die alles so wollen. Meine Schlussfolgerung als Wohnungsausräumer: Im Grunde wollen die Parteien uns auch etwas verkaufen: Ein Lebensgefühl oder eine Rentenerhöhung. Wobei mich stets das Gefühl beschleicht, dass die angebotenen Versprechungen und Slogans auch ziemlich gebraucht sind.

   Neuware bietet einzig die FDP. Die hat ein Fotomodell engagiert, das auf den Namen Christian Lindner hört, und wenn man nicht wüsste, dass es um Politik geht, könnte man es auch für Werbung für Parfüm oder Herrenmode halten.



   Am liebsten sind mir aber schon immer die Plakate der Linken gewesen. Da hat man freie Auswahl, da bleibt kein Wunsch offen. Planbares Leben, Frieden, soziale Gerechtigkeit, Solidarität - die Linken tun alles, damit man sich rundum wohlfühlt, selbst wenn man gerade eine Wohnung ausräumt. Apropos: Braucht jemand einen Rückenkratzer?

 

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