Den kennen Sie bestimmt:
Warum gab es in der DDR so wenig Banküberfälle? Na, weil die
Räuber 20 Jahre auf ihren Fluchtwagen warten mussten. Zugegeben,
dieser Witz über die ehemals lausige Produktivität ostdeutscher
Autobauer ist ungefähr so lustig wie das Ergebnis des jüngsten
Diesel-Gipfels der Unverschämtheit.
Doch
ist der Kalauer eine gute Gelegenheit, einmal kurz (oder ganz
lang) innezuhalten und sich der philosophischen Frage nach dem
Wesen des Nichts-Handeln zu widmen. Nichts-Handeln ist nämlich
etwas gänzlich anderes als Faulenzen. Nicht-Handeln ist strategisches
Warten.

Studieren
konnte man dieses aktive, internationale Nichtstun auch bei
diversen Testspielen des FC Bayern München oder in den Vorstandssitzungen
der deutschen Autoindustrie. Nur wer die Kunst des Aussitzens,
des Merkelns, beherrscht, wer wie Robinson Crusoe oder ein Beamter
des Kraftfahrbundesamtes auf Freitag warten kann, weiss, was
wirklich glücklich und frei macht.
Man
verharrt mit voller Absicht irgendwo zwischen hier und dort,
zwischen gestern und morgen, zwischen Jules und Jim. Man wartet
so lange, bis der Schwebezustand der Zeitlosigkeit eintritt,
welcher durch völlige Selbsterkenntnis und Gegenwärtigkeit und
das Loslassen von Wünschen und Zukunftsvorstellungen gekennzeichnet
ist. Plötzlich lächelt man debil wie nach einer Fummelfolge
"Sommerhaus der Stars" auf RTL und kann "Hasan
Salihamidzic" fehlerfrei aussprechen.
Es
heisst, Martin Schulz befinde sich seit der letzten Sonntagsumfrage
zur Bundestagswahl auf so einem rauschhaften Psycho-Trip mit
all den Nebenwirkungen. Dazu zählen verstärkter Bartwuchs, farbenintensive
Koalitionshalluzinationen sowie eine gefährliche Links-links-Schizophrenie.
Wer nicht so duldsam ist wie der SPD-Kanzlerkandidat, kann sich
zum Frühstück aber auch ein Bio-Ei aus Holland aufklopfen. Das
Zeug haut genauso rein.

"Das
ganze Unglück der Menschens rührt allein daher, dass sie nicht
still in einem Zimmer bleiben können", murrte einst der
französische Mathematiker und Denker Blaise Pascal, als er wahrscheinlich
mal wieder mit seiner Kutsche in einem Stau auf der A5 zwischen
Freiburg und Karlsruhe geraten war. So wie dem Philosophen ergeht
es auch zig Millionen Deutschen auf dem Weg in den Süden. Sie
alle warten in diesen schwül-verrussten Tagen vor einer Dauerbaustelle
auf einer deutschen Autobahn nicht auf die Weiterfahrt, sondern
auf die Erleuchtung. Auf den nächsten Hagelschauer. Auf die
nächste Steckdose fürs saftlose Elektroauto. Auf das nächste
Softwareupdate für den wertlosen Standdiesel. Man wartet und
merkelt. Und alles wird gut.
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