Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (09. Juli 2017)
 
Mensch und Maschine
 

   Jeder kennt das unangenehme Gefühl manipuliert zu werden. Gerade in diesen schwülheissen Sommertagen, wenn man die Kontrolle über seinen Willen und die Achselhöhlen verliert. Dinge geschehen unbewusst, die man früher nicht für möglich gehalten hätte.



   Man grillt plötzlich in kurzen Hosen, ganz ohne Scham. Man schleckt kuhäugig an einer Kugel Ananas-Bio-Petersilie in der Waffel, dabei wollte man wie sonst auch Zitrone im Becher. Man nimmt sich vor, nie mehr wieder Spirituosen zu trinken, doch am nächsten Morgen wacht man in einem fremden Bett neben etwas auf, was am Rücken stark behaart ist und nach Old Spice riecht. Man nimmt die mediale Seligsprechung Helmut Kohls ohne Gemütsregung zur Kenntnis, einfach so. Man verfolgt voller Hingabe das Finale beim Konföderierten-Pokal, der in sportlicher Hinsicht ungefähr so erkenntnisreich ist wie die Meisterschaft im Brennnessel-Wettessen.

   Meist steckt eine geheime Macht dahinter, vielleicht der russische Nchrichtendienst, Margot Kässmanns Kalenderspruchsekte oder ein Algorithmus. Bei Letzterem handelt es sich nicht um eine Tanzveranstaltung an einer Waldorfschule mit anschliessendem Algensalat vom Veggie-Büfett. Algorithmen sind vielmehr Handlungsanleitungen zur Lösung hochkomplexer Probleme, beispielsweise in der Informatik oder Politik, wo es seit Tagen um brisante Themen geht wie der Scheidung für alle oder den erotischen Vorlieben zweier Pandas.



   Unser Leben ist inzwischen von Algorithmen so abhängig wie vom Fussball und Almosen aus China. Im Navi zeigen uns Algorithmen den kürzesten Weg in das nächste metertiefe Schlagloch oder sie unterzeichnen in einer Nanosekunde alle Schuldscheine für Boris Becker. Algorithmen sind verantwortlich für Ralf Stegners Gesicht oder verfassen das neue Wahlprogramm der CDU, das so peppig klingt wie die Gebrauchsanleitung für die Kaffeemaschine in der Kanzleramtsküche. Anders als Peter Tauber sind Algorithmen sehr gut gebildet und kennen den Unterschied zwischen Twittern und Pöpeln. Anderseits zeigen Algorithmen wie auch Pandas oder gewaltbereite Gipfeltouristen wie Recep Tayyip Erdogan kein Interesse an Menschenrechten und Pressefreiheit.

   Wenn eine Software allein entscheidet, was mit Menschen passiert, kann das böse enden. Schätzungen zufolge könnten Computer die Minijobs von Millionen Deutschen problemlos ersetzen, etwa von Journalisten, Peter Tauber oder SPD-Kanzlerkandidaten. Jetzt plant der Justizminister Heiko Maas eine Kontrollbehörde für Algorithmen. Doch dafür ist es eventuell zu spät. Gut möglich, dass diese Glosse schon das Werk eines nachtaktiven Algorithmus mit behaartem Rücken ist, der sich von Eukalyptus ernährt und nach Old Spice riecht.

 

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