Letzte Sitzungswoche vor
der Bundestagswahl. Boah, war das spannend! Die SPD wollte noch
schnell die sogenannte Ehe für alle durchsetzen, ehe für alle
der Wahlkampf auch offizell beginnt. CDU und CSU stellten es
ihren Abgeordneten frei, dazu ja zu sagen oder auch nicht. Das
Ergebnis lag bei Redaktionsschluss dieses Textes noch nicht
vor.
Eine klare Mehrheit galt vor der
Abstimmung allerdings als sicher, auch weil die Sache so einen
wunderbaren Namen hat: Ehe für alle - das klingt so gerecht,
so grossmütig, so fortschrittlich. Einzig eingefleischte Junggesellen
dürften kurz zusammengezuckt sein. Schreibt der Staat jetzt
womöglich auch noch allen eine Heirat vor, um Eheprobleme gerecht
zu verteilen und die Geburtenrate zu erhöhen? Man weiss ja nie.

Tatsächlich
wird die Ehe nun auch für lesbische und schwule Paare geöffnet.
Die konnten sich bislang nur verpartnern, was allein schon aus
sprachlicher Sicht nur eine Zwischenlösung sein konnte. Denn
verpartnern - das knarzt beim Sprechen und kratzt im Hals.
Hei,
hei, heiraten klingt da doch viel verheissungsvoller, ja fast
schon euphorisch, und wer will am Tag der Hochzeit schon wissen,
dass danach oft die Zischlaute zunehmen und das Ganze dann nicht
selten entsprechend endet, und zwar mit einer Sch... Sch...
Scheidung.
Die grosse Mehrheit der
Deutschen ist jedenfalls für eine Ehe für alle, wie sie überhaupt
fast alles liebt, was für alle ist. Der Deutsche ist halt total
sozial. Das fing mit Ludwig Erhard an, der als Vater des deutschen
Wirtschaftswunder gilt und 1957 als Wirtschaftsminister ein
Buch herausbrachte mit dem Titel "Wohlstand für alle".
Das Versprechen hat sich weitgehend erfüllt, so dass der Deutsche
glaubt, das für-alle-Prinzip liesse sich auf alles anwenden.
Inzwischen gibt es unter anderem das Girokonto für alle, bald
auch das Abitur für alle - und mit dem Reichtum für alle, den
die Linkspartei schon im Wahlkampf 2009 in Aussicht stellte,
ist es nach dieser Logik nur noch eine Frage der Zeit.

Nachdem
die Ehe für alle jetzt ein Hit wurde, ist jedenfalls damit zu
rechnen, dass der anstehende Wahlkampf mehr denn je ein Wahlkampf
für alle wird, in dem die Parteien innerhalb der Zielgruppen
allen alles versprechen.
Seltsam nur,
dass dieses erfolgreiche Prinzip in anderen Bereichen, in denen
Deustchland einen Hit auch dringend nötig hätte, nicht angewandt
wird. Wir könnten zum Beispiel auf diese Art beim Eurovision
Song Contest endlich mal wieder auf den vorderen Plätzen landen,
anstatt nur ein paar Gnadenpunkte zu bekommen. Es sei daran
erinnert, 1985 wurde die deutsche Gruppe Wind stolzer Zweiter
mit dem Titel "Für alle".
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