Ich weiss noch genau, dass
ich es ziemlich affig fand, als es irgendwann in meinem Freundeskreis
mit diesen Wangenküssen anfing. Von einem Tag auf den anderen
gab man sich zur Begrüssung ein Bussi links und ein Bussi rechts.
Oder ein Bussi rechts und ein Bussi links. So genau weiss ich
es leider auch wieder nicht.
Bei dieser
Art der Begrüssung muss man sich voll konzentrieren, sonst schlägt
man sich gleich zu Beginn die Köpfe ein. Welche Wange wird einem
zuerst angeboten? Will das Gegenüber zwei oder drei Bussis?
Und will es die Bussis nur gehaucht oder geknutscht?

Ich
bin immer froh, wenn ich diesen Teil der Begrüssung hinter mir
habe. Ich habe dieses Hallo-Gebussel stets als unpassend und
unangenehm empfunden - vor allem das kratzige Gebussel unter
Männern. Wir äffen da irgendwelche Begrüssungsrituale aus dem
Ausland nach, dachte ich, sagte aber nichts. Ich wollte nicht
als rückständig gelten. Oder gar als ausländerfeindlich. Ausserdem
riechen die meisten Frauen schon ganz gut.
Die
einzige Form des Widerstand, die ich mir heute noch leiste:
Ich bussel nicht mit jedem. Menschen, die ich nur vom Sehen
her kenne, kriegen von mir die Hand gereicht, da kann die Stimmung
noch so weinselig sein. Dies kann bei Betroffenen zu einem brachialen
Wechselbad der Gefühle führen, wenn zum Beispiel meine Frau
eine Bekannte abbusselt und ich dieser Bekannten anschliessend
nur die Hand hinhalte. Manche schauen dann derart irritiert,
als ob ich ihnen zru Begrüssung die Zunge rausgestreckt hätte.
An
dieser Stelle begrüssen wir Bundesinnenminister Thomas de Maiziere,
und zwar per Handschlag. De Maiziere hat diese Woche für Diskussionen
gesorgt, weil er zehn Thesen für eine "deutsche Leitkultur"
veröffentlicht hat. Nach dem Kanzlerin Merkel (CDU) ein bis
zwei Milliönchen Ausländer ins Land gelassen hat, will de Maiziere
(CDU) mit Blick auf die Bundestagswahl den nun zum Teil etwas
verunsicherten Stimmberechtigten hierzulande erklären, was eigentlich
noch deutsch an Deutschland ist. So etwas nennt man Arbeitsteilung.

"Wer
sind wir?", fragte de Maiziere in seinem Beitrag - und
landete natürlich beim kleinsten gemeinsamen Nenner: "Wir
sind nicht Burka!". Das hat ihm die gewünschten Schlagzeilen
gebracht, wobei leider kaum Erwähnung fand, dass der Innenminister
sinngemäss auch gefordert hat: "Wir geben zur Begrüssung
die Hand", steht da in der These eins. Kein Wort von Umarmungen
oder gehauchten oder gar geknutschten Küssen, somit hat sich
der Minister wohl klar bussioniert: Wir sind auch nicht Wangenkuss.
Endlich
sagt es mal einer! Wenn sich alle Migranten daran halten, werde
ich der Erste sein, der die Hand ausstreckt.
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