Eine Forscherin und passionierte
Hobbyimkerin aus Spanien hat - es war wohl reiner Zufall - eine
Raupenart entdeckt, die mit Vorliebe Plastik vertilgt. Kaum
war die Neuigkeit auf dem Wochenmarkt der Nachrichten frisch
eingetroffen, da frass sich durch die Gehirnwindungen unserer
klügsten Köpfe ein ökologisch wie ökonomisch reizvoller Gedanke,
schneller, als die gierigste Fresslarve Aldi-Tüten verdrücken
kann: Sollten wir die Tiere nicht auf unsere mit Plastikmüll
gefluteten Weltmeere loslassen?

Zugegeben,
im ersten Moment eine verlockene Vorstellung, wiewohl die Älteren
unter uns die ganze Aufregung um die in den Ozeanen treibenden
Plastikteile nicht so recht verstehen. Immerhin bestand in den
besten TV-Inszenierungen der Augsburger Puppenkiste ("Urmel
aus dem Eis", "Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer")
die hohe See aus nichts anderem als aus einer dauergewellten
Plastikfolie.
Aber gut, wenn man nach
einem ausgiebigen Sonnenbad an einem mediteranen Strand Abkühlung
im salzigen Nass sucht und sich in einem Meer von Polymeren
wiederfindet, ist das nicht schön. Insofern wäre es schon schick,
wenn die Raupen sich über den Dreck hermachen könnten. Doch
was, wenn die Meere irgendwann leergefischt sind und sich die
Raupen dabei prächtig vermehrt hätten? Wer sagt uns dann, dass
die Viecher nicht buchsbaumzünslergleich über den Rest der Welt
herfallen?
Ich nehme an, Sie halten
momentan ein Papierprodukt in den Händen, den die Plastikfresserraupe
Nimmersatt nichts anhaben kann. Aber was ist mit mir, der ich
auf eine Tastatur einhacke, deren Verkleidung und Knöpfe aus
reinstem Kunststoff bestehen? Unter uns gesagt, mir wäre Elfenbein
auch lieber, aber das kann man weder einem Chefredakteur noch
einem Controller und schon gar nicht dem Betriebsrat verklickern.

Aber
selbst wenn die vollgefressenen Raupen nimmer aus dem Wasser
kämen, für unsereins wäre das Meer ein für alle Mal tabu, hat
man sich doch für reichlich Kohle die Amalgamplompen herausnehmen
und durch Füllungen aus Kunststoff ersetzen lassen. Man kann
über die Belgier sagen was man will, aber sie haben in den 70er
Jahren des vergangenen Jahrhunderts bereits begriffen, was die
Welt im Innern zusammenhält: Sie kreierten den Popstar Plastic
Bertrand.
Seit man aber hierzulande
beim Einkauf eines Pelzmantels für die Plastiktüte extra zahlen
muss, sollte auch den Unsensibelsten unter uns aufgegangen sein,
mit welchen Schätzen wir uns umgeben. Man sollte die Welt der
Kunststoffe und Künstlichkeit nicht vorschnell zum Teufel wünschen,
sondern eine alte Indianer-Weisheit beherzigen: "Erst wenn
der letzte Duftbaum gerodet ist, werdet ihr feststellen, dass
man auch mit Platikbesteck essen kann."
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