Die Politik, so hört man
immer wieder beim Friseur, sei zu abgehoben, sie kümmere sich
nicht um die eigentlichen Belange der Menschen. Aber was, wenn
sie, die Politik, mal versucht, den Menschen auf Augenhöhe zu
begegnen? Dann ist es auch wieder nicht recht.

Ein
schönes Beispiel, wie undankbar das Volk sein kann, musste diese
Woche das in Stuttgart ansässige baden-württembergische Verkehrsministerium
am eigenen Leib erfahren. Im Zusammenhang mit einem Fahrverbot
an Feinstaubtagen in der Landeshauptstadt stellte das Ministerium
auf seiner Homepage klar, dass "Fahrzeuge, die nicht die
aktuellste Abgasnorm einhalten", deshalb "nicht entwertet"
seien. Man könnte diese Autos beispielsweise auch an Menschen
veräussern, wo die Luft nicht ganz so dick wie am Stuttgarter
Neckartor, also an Autofahrer in den neuen Bundesländern oder
nach Nordbaden und Südwürttemberg.
Gut
gemeint, aber da hatte das Verkehrsministerium die Rechnung
ohne die Menschen in den neuen Bundesländern, Nordbaden und
Südwürttemberg gemacht. In besagten Ländern kam es spontan zu
Schweigestaus, weil man sich mit Dritte-Welt-Ländern gleichgesetzt
fühlte. Aus ländlichen Gegenden verlautete, dass dort die Dorfjugend
mit angezogener Handbremse und Vollgas gegen das Diktat aus
Stuttgart zu Felde zog ("Burn-out gegen Rassismus").
Auch
im Landtag zu Stuttgart regte sich heftiger Widerstand. SPD-Fraktionschef
Andreas Storch sprach von "geradezu menschenverachtenden
Zügen" und meinte damit ausnahmsweise mal nicht die Deutsche
Bahn. Eine geplante Menschenkette, die von der Ostsee bis an
den Bodensee reichen sollte, kam nur mangels Teilnehmer nicht
zustande.

So
undankbar sich jetzt das Volk in Teilen gezeigt hat, auch das
Ministerium ist nicht frei von Schuld. Hatte es sich doch mit
dem Hinweis im Netz auf eine Stufe mit Gebrauchtwagenhändlern
gestellt. Dabei weiss doch jedes Schulkind, dass deren Sympatiepunkte
bei Umfragen noch unter denen von Journalisten und Politikern
liegen.
Etwas psychologisches Fingerspitzengefühl
und Grundkenntnisse aus der Zigarettenreklame der sechziger
Jahre (Peter Stuyvesant) und Minister Hermann und die Seinen
wären gefeiert worden. Warum, so fragt man sich, hat das Ministerium
auf seiner Homepage nicht deutlich gemacht, dass es nicht darum
gehe, den Menschen in Freiburg, Mannheim und Dresden ausrangierte
Stinkmöhren aus Stuttgart anzudrehen? Sinn und Zweck der Aktion
sei einzig und allein gewesen, Autohaltern die Möglichkeit zu
eröffnen, günstige, leistungsstarke Dieselfahrzeuge mit geringen
Laufleistungen zu erwerben, auf dass endlich auch in den neuen
Bundesländern, in Nordbaden und auch in Südwürttemberg "der
Duft der grossen, weiten Welt" einziehe.
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