Heute mal konstruktiver
Journalismus, das ist in meinem Beruf ja gerade der letzte Schrei.
In diesem Text wird die Lebensmittelverschwendung in Privathaushalten
problematisiert. Zugleich werden aber auch Wege aufgezeigt,
wie dieser Verschwendung begegnet werden kann. Das ist dann
der konstruktive Teil.
Aktueller Anlass
für diesen Text ist ein Vorstoss Nordrhein-Westfalens. Das Land
fordert vom Bund ein bundesweites Vorgehen gegen Lebensmittelverluste.
Am Freitag wurde der Vorstoss in den Bundesrat eingebracht.
Laut
dem Vorstoss gibt es zwar jede Menge Initiativen gegen Lebensmittelverschwendung,
aber kein Konzept aus einem Guss. Spötter haben schon vorgeschlagen,
Tortengrafiken und Spaghetti-Western zu verbieten. Aber heute
spotte ich ja nicht, heute will ich konstruktiv sein.

Sparsamkeit
ist mir als Schwabe in die Wiege gelegt. Gerade zwinge ich meine
Familie, ein knochentrockenes Stück Seife aufzubrauchen, das
ich irgendwo entdeckt habe. Die Seife ist von jeder Lebenskraft
verlassen, die schäumt nicht mal mehr. Aber wir reichen dieser
Seife trotzdem die Hand.
In meiner
Familie gilt der Grundsatz, dass erst einmal nichts weggeworfen
wird. Was allerdings auch zu Problemen führt. Vor allem auf
dem Küchenbalkon stehen im Winter mehrere Töpfe mit Essensresten,
deren Herkunft und Alter mir meist unbekannt sind. Regelmässig
tänzele ich morgens und abends zwischen den Töpfen hindurch,
lupfe die Deckel und versuche zu erahnen, aus welchem Jahr der
Essensrest stammt.
Man kann Essensreste
nicht ewig stehen lassen, sonst kommen ja die Ratten, das muss
man auch in Nordrhein-Westfalen verstehen. Ich habe es mir daher
zur Aufgabe gemacht, Essensreste zu entsorgen. Einer muss es
ja machen. Leider passieren mir auch Fehler. Einmal zum Beispiel
war für mich klar, dass hier die Müllabfuhr ran muss. Das Essen
im Topf war mit einer weissen Schicht überzogen, aus der Knochen
herausragten. Es sah nicht schön aus.

Das
Essen wanderte also direkt in den Müll, aber der Topf in die
Spülmaschine. Ich war zufrieden mit mir, denn angesichts der
vielen Essensreste gehen uns bisweilen auch die Töpfe aus. Dann
kam abends meine Frau nach Hause und fragte, wo eigentlich ihre
mühsam vorgekochte Suppe sei - nun ja, es wurde kein schöner
Abend.
Ich hätte die Suppe wahrscheinlich
erst erwärmen müssen. Dann hätte sich die Fettschicht aufgelöst
und es wäre klarer zu erkennen gewesen, worum es sich genau
handelt. Hier also mein konstruktiver Rat an alle, die mit Essensreste
zu tun haben: Willst du wirklich beurteilen können, ob eine
Suppe noch was taugt, dann muss du ihr in die Augen sehen.
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