Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (19. Februar 2017)
 
Bärenstarke Beiträge
 

   Die ganze Welt starrt dieser Tage nach Berlin, wo das wichtigste Ereignis der Filmzunft seit Bekanntwerden des positiven Schwangerschaftstest von George Clooney stattfindet.

   Auch an diesem Jahr sind die internationalen Festspiele wieder ein optischer Leckerbissen. Nicht nur wegen der saftigen Party-Schnittchen und vielen Richard-Gere-Flittchen, die sich unter fadenscheinigen Begründungen (Verletzungen der Menschenrechte in Tibet, intime Friedensgespräche in Hotelsuiten) an den grinsenden Silberschnuckel heranzumachen. Sondern auch, weil weder mit unbequemer Kritik noch mit Analyse nicht gespart wird.



   Zornigrote Teppiche und Schals, wohin sich der Blick auch wendet. Keine Pressekonferenz, keine Toilettendiskussion, auf der nicht kollektiv die Vokabeln und Standardsätze des zeitgenössischen Berlinale-Idioms wie "Trump", "Angst", "Demokratie" und "Danke, ich liebe euch auch" gepaukt werden.

   Bei so viel inszinierter Empörung wird die Kunst schon mal zur Nebensache. Bedauerlichweise, denn zwei Wettbewerbsbeiträge hätten grössere Aufmerksamkeit verdient. So etwa der deutsche Terroristenthriller "Saddam's Family" eines möglicherweise talentierten Jungregisseurs, dessen wahre Identität unbekannt geblieben ist, weil er nach Drehschluss in Nordrhein-Westfalen untergetaucht ist. Sein Film handelt von der Spurensuche nach einem Attentat auf einem Weihnachtsmarkt, bei dem ein polizeibekannter Gefährder seine Bahncard 100 verloren hat, was aber ausser seiner tunesischen Grossmutter niemand gejuckt hat.

   Gedreht wurde an Originalschauplätzen im Innenausschuss sowie in den Aktenvernichtern von rund vierzig anderen Bundesbehörden, die sich un gegenseitig die Verantwortung zuschieben. Die Rolle des Schwarzen Peters, verkörpert durch Moritz Bleibtreu - oder jemand, der so ähnlich aussieht. Genal.



   Grossartig auch der Streifen "Moses von Würselen". Erzählt wird die biblische Geschichte des Moses (hl. Martin Schulz), der als kleiner Sozialdemokrat in einem Körbchen im Europaparlament ausgesetzt und von einer angeschickerten Karnevalprinzessin gefunden wird. Der junge Mann hat das schönste Leben als Adoptivbruder des wankelmütigen Ramses (Sigmar Gabriel), spielt Fussball (Linksabräumer) und liest täglich aus der Schröder'schen Übersetzung der Bibel (Agenda zwanzigzehn).

   Doch nach einem heftigen Kurzschluss seines Barttrimmers erkennt Moses schlagartig, wo er wirklich herkommt, nämlich von ganz unten, woraufhin er das Tränenmeer des SPD-Volks teilt, die Spree trockenleckt und hernach die Genossen aus der Knechtschaft der Union befreit. Einfach mitreissend.

   Man darf gespannt sein, wer sich in diesem Jahr den Goldenen Bären aufbinden lassen wird.

 

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