Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (30. Oktober 2016)
 
Maul- und Clownseuche
 

   Haben Sie schon einen dieser Horrorclowns gesehen? Also leibhaftig. Fratzen, die Ihnen in Zeitungen, im Fernsehen oder auf Internetseiten begegnet sind, gelten nicht. Mir ist noch keiner untergekommen. Bin auch ganz froh, ich bin von Haus aus schreckhaft.

   Ausserdem mag ich keine Clowns, die guten genauso wenig wie die bösen. Typen, die ihr Gesicht hinter einer Maske verstecken, sind mir suspekt, wie Frauen, die zu dick Makeup aufgetragen haben. Oder singende Pandas. Über Clowns wie den ungeschminkten US-Komiker Peter Shub kann ich herzhaft lachen. Der braucht nur einen Mantel, eine Mütze, eine imaginäre Hundeleine. Darüber lache ich mich tot. Lieber sterbe ich so als vor Schreck.



   Bis vor kurzem hielt ich das Phänomen der bösen Clownsfratzen für ein Internetgespinst. Aber es wäre nicht das erste Mal, dass ein Hirnfurz aus dem Internet in der Wirklichkeit Nachahmer findet. Überall zerreissen sich die Menschen das Maul über die Clownseuche. Womöglich reden wir sie so erst herbei. Würde zu uns passen, vermutlich nennen uns die Briten und die Amis deshalb Krauts. Uns krauts vor nix.

   Ausserdem fürchte ich, dass die Furcht vor Horrorclowns folgenden Effekt haben könnte: Wenn die Menschen allesamt mit angstverzerrten Gesichtern durch die Gegend rennen, glauben sie irgendwann, nur noch von Horrorclowns umgeben zu sein.

   Schauen wir lieber in unverkrampfte Gesichter und konzentrieren uns auf ungeschminkte Wahrheiten. Ich erzähle jetzt mal eine Geschichte vom Krieg, also von ganz früher. Es mag ein Vierteljahrhundert her sein, dass ich den im Sommer verstorbenen österreichischen Karikaturisten Manfred Deix interviewen durfte. Der Künstler hatte eine Ausstellung in Heilbronn. Warum in Heilbronn und nicht in Wuppertal, ich weiss es nicht mehr. Die Laudatio sprach ein gewisser Oskar Lafontaine, damals SPD-Mitglied und Ministerpräsident des Saarlands. Ein Mann im Anzug, der sich als Deix' Manager vorstellte, wollte nicht zu dem trinkenden Kettenraucher Dix passen. Er sei auch Manager von Falco, sagte er. Das kam schon eher hin.



   Ich war mit zwei Schulfreunden angereist, allesamt waren wir Fans der brutalen Deix'chen Bilder. Wir fragten Deix, warum er die Menschen so hässlich zeichnete. Deiy sagte: "Schaut's euch doch mal an. Ihr schaut's doch au net besser aus." Deix hatte recht. Seither sehe ich uns mit anderen Augen.

   Damit wäre ich mit meinem Clownslatein am Ende. Hätte ich nicht noch ein paar Zeilen, wäre Ihnen der folgende Kalauer erspart geblieben. Ein Kaufhausdetektiv beobachtet einen Clown, wie der gerade etwas in seiner weiten Clownshose verschwinden lässt. Er fragt: "Was tun Sie da gerade?" - "Klaun."

 

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