Für Menschen, die sich für
gebildeter halten, als sie wirklich sind, ist die alljährliche
Bekanntgabe des Literaturpreises eine ziemliche frustrierende
Angelegenheit. Nicht genug, dass man noch nie ein Buch des besagten
Autors gelesen hat, im Normalfall hat man noch nicht mal dessen
Namen gehört. Nur 2009 habe ich kurz aufgehorcht. Herta Müller?
Ist das nicht die freundliche ältere Dame aus dem Hochparterre,
die mit den blondierten Pudeln?

Nun
also, in diesem Jahr, endlich mal ein Name, den man kennt: Bob
Dylan. Doch nicht nur das. Man weiss beispielsweise, dass Bob
Dylan seinen Nachnamen von einem gewissen Dylan Thomas geklaut
hat, einem Schriftsteller aus Wales. Und man weiss, dass man
Bob nicht mit O wie den Schlitten ausspricht, sondern mit A,
also wie eine bundesweit bekannte kölsche Mundartkapelle: BAP.
Selbstverständlich
ist einem auch schon zu Ohren gekommen, dass Mister Bob Dylan
seine Liedtexte gern mit Inhalt versieht, hin und wieder sogar
auf politische Ereignisse zurückgreift. Aber beweisen könnte
man das im Zweifel nicht. Dies mag einerseits mit meinem über
die Jahre stark verblichenen Schulenglisch zusammenhängen, aber
auch mit der Vortragsweise des nun ausgezeichneten Sänger-Songwriters.
Es ist vermutlich nicht sonderlich präzise, aber mit Sicherheit
auch nicht komplett falsch, wenn man sagt, dass Bob Dylan nuschelt
und nölt.
Einmal, es muss wohl kurz
vor jener Phase gewesen sein, als Mister Bob Dylan sich als
singender Christenmensch zu erkennen gab, nahm der österreichische
Sänger-Songschreiber Wolfgang Ambros Dylan-Songs im Slang der
alpinen Bevölkerung auf. Das klang nicht mal schlecht, rein
von der Verständlichkeit her aber hat's wenig gebracht.

Ich
hatte zweimal die Gelegenheit, Mister Dylan bei Konzerten zu
erleben. Das erste Mal, es muss wohl schon mehr als zwei Jahrzehnte
her sein, trat er in kleiner Besatzung im Beethoven-Saal der
Stuttgarter Liederhalle auf. Es war ein denkwürdiges Ereignis.
Nicht genug, dass der Sänger seine Songs in der bekannten Weise
ins Mikrofon nuschelte. Offenbar war auch die Band der Meinung,
man müsse die bekannten Klassiker so herunterschrammeln, wie
sie die Welt noch nicht gehört hatte. Selbst die geeichtesten
Dylantisten im Publikum hatten ihre liebe Mühe, das Liedgut
zu identifizieren.
Ich behaupte: Wer
sich jemals über die undeutliche Aussprache des deutschen Schauspielers
Till Schweiger ausgelassen oder über die Gesangskünste von Jan
Delay oder Udo Lindenberg mokiert hat, der darf kein gutes Haar
an Bob Dylan lassen. Ganz egal, mit wie vielen Literaturnobelpreisen
sie ihn zuschütten.
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