Diese Woche war es für mich
ganz schwierig, einen klaren Gedanken zu fassen. Es fing damit
an, dass meine Frau mir abends sagte, sie fahre am nächsten
Tag nach Oberndorf.
Aha, dachte ich,
bereitete mich da aber schon auf das nächste Spiel der Fussball-Europameisterschaft
vor. Irgendwer spielt gegen irgendwen, man verliert ja leider
nach ein paar Wochen den Überblick. Die Spiele ziehen eins nach
dem anderen an einem vorbei, und irgendwann schaut man auf und
blickt abwesend in die Augen einer Frau, die einem sagt: Du
hast mich überhaupt nicht gefragt, was ich in Oberndorf mache.
Ich
bitte um Entschuldigung, was machst du denn jetzt in Oberndorf?
- Sag ich Dir nicht, jetzt bin ich beleidigt!

Irgendwer
hat dann an dem Abend noch gegen irgendwen gewonnen. Ich glaube,
es waren die Isländer gegen England. Da haben dann alle über
die Engländer gespottet. Der Rest von Europa ist nämlich ebenfalls
beleidigt, weil die Engländer aus der EU austreten wollen.
Jahrelang
haben alle über die EU, ihre unsägliche Bürokratie und die weitgehend
sinnfreie Verteilung von Geld an alle und jeden geschimpft.
Aber jetzt, wo ein Land mal die Konsequenzen daraus zieht, ist
es auch wieder nicht recht. Plötzlich ist die EU doch wieder
eine ganz sinnvolle Sache, und man will angesichts der unübersichtlichen
Lage auf der Insel nicht mehr ausschliessen, dass ein Teil der
Engländer demnächst mit der EU wieder Beitrittsverhandlungen
führen wird, während der andere Teil mit Brüssel über den Austritt
spricht.
Ich bin in dieser Frage ähnlich
gespalten wie das englische Volk. Ein Teil von mir findet die
EU eigentlich für eine sinnvolle Sache. Ein anderer Teil will
unbedingt raus - vor allem jetzt, wo uns die Engländer mit den
sozialistischen Franzosen und den noch schlechter regierten
Südeuropäern alleine lassen wollen. Das kannst du als liberal
gestimmter Mensch eigentlich nicht mehr aushalten.
Völlig
hin- und hergerissen war ich also diese Woche. Zumal viel über
das anstehende Spiel Deutschland gegen Italien berichtet wurde,
wo ich mich auch nicht recht sicher war, ob man da zuversichtlich
sein soll oder eher nicht.

Dann
gab auch noch das Landgericht Bonn ein seltsames Urteil bekannt.
Es verwehrte einer 67 Jahre alten Kreuzfahrt-Passagierin Schadenersatz,
obwohl die für viel Geld Meerblick gebucht hatte, aber vor ihrem
Kabinenfenster zwei Rettungstonnen kauerten. "Wenn Sie
ein Hotel-Zimmer mit Meeresblick buchen, kann da auch schon
mal eine Palme davorstehen", meinten die Richter.
Während
ich so darüber nachdachte, ob man eine Palme wirklich mit einer
Rettungstonne vergleichen kann, fiel mir ein, dass unsere Familie
ja auch bald in Urlaub fahren will. Ist meine Frau eigentlich
schon aus Oberndorf zurück?
|