Niemand ist unersetzlich,
und wenn ein Spieler ausfiele, dann trete eben ein anderer an
seine Stelle, hat Joachim Löw neulich gesagt und dabei so mitfühlend
geklungen wie ein Hagelschauer. Und während die Nation noch
das kaputte Knie eines deutschen Abwehrspielers beweinte und
die Gärten und Keller volllaufen liess, streifte der Bundestrainer
bereits einem anderen das Leibchen über.

Eine
ernüchternde Erkenntnis. Gerade für all jene Männer, die auf
der Ersatzbank des Lebens vergeblich auf ihre Einwechselchance
warten. Und wenn es dann Abend wird und man es sich mit der
Liebsten und einem am Alexander Gauland erinnernden Mettigel
Hawaii auf der Fernsehcouch gemütlich gemacht hat und die Pfeife
des Schiedsrichters für Augenblicke das Prasseln der fussballgrossen
Starkregentropfen und das Ächzen der Eichen und Gurgeln der
Pumpen übertönt und einer im Strafraum sein Trikot hochzieht,
fährt einem wie der Gewitterblitz aus heiterem Himmel der Eifersuchtspfeil
ins Herz. Eine Umfrage hat ergeben, entblättert sich ein Ronaldo
bauchnabelhochwärts, beginnen Ehefrauen zu fantasieren - jede
dritte von einem Seitensprung, bei Ibrahimovic ist es jede sechste.
So wanderen die Augen vom eigenen Waschbärbauch zur Nebensitzerin,
das unbekannte Traumwesen. Ist das jetzt die Nummer drei? Oder
doch die Nummer sechs?

Jeder
ist austauschbar wie ein Panini-Sticker oder ein Ehemann mit
Wampe. Selbst die Nummer eins Joachim Gauck kann sich vor der
Verlängerung selbst auswechseln. Der sympathische Grauschopf
war der Phasenprüfer der Berliner Kurzschlusspolitik, die präsidiale
Hausratversicherung der Republik. Wie werden wir sein pastorales
Gurren vermissen, das eine noch stärkere opiatische Wirkung
hatte als die psychedelischen Bonbonfarben von Angela Merkels
Blazer. Obwohl Gauck viele abhängig gemacht hat, taucht er nicht
im Drogenbericht auf. Niemand hört ihm zu, doch alle verstehen
ihn. Das ist seine Kunst. In einem mehrstündigen Schlangensatz
ohne Prädikat und Objekt 437-mal die Wörter Sorge, Mahnung und
Vergebung sinnfrei zu deklinieren und zu transzendieren.

Trotzdem
wird nun wild über den Nachfolger spekuliert. Jogi Löw werden
gute Aussichten eingeräumt, des bewährten Vornamens, seiner
Unverständlichkeit und der engen Hemden wegen. Die Grünen wünschen
sich lieber eine Rad fahrende, lesbische Veganerin und Muslima
mit Migrationshintergrund, Behindertenausweis und Stöckelschuh-Unverträglichkeit
und Glutenfrei. Nur die Kanzlerin zögert noch und nährt Spekulationen,
sie liebäugle klammheimlich mit einer Kanditur von Recep
Tayyip Erdogan, der schon laut über die Auswechslung einiger
Bundestagabgeordneter nachgedacht hat. Ein Türke als neue deutsche
Nummer eins, warum eigentlich nicht?
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