Sitze seit knapp zwei Wochen
am Rande einer Pferdekoppel in der französischen Provinz und
schaue drei Pferden beim Herumstehen zu. Der Chef im Ring ist
eine braune Stute. Zweimal am Tag kommt eine junge Frau in Stiefeln
vorbei und bringt Futter. Ich habe mein Essverhalten dem der
Pferde angeglichen, was allerdings nicht heisst, dass ich mich
mit Heu und Wasser zufrieden gebe.
Je
länger ich sie beobachte, desto mehr fühle ich mit den Tieren.
Die Pferde schlafen im Stehen, ich nicke manchmal aufrecht sitzend
auf meinem Campingstuhl ein - daheim schaffe ich das nur vor
dem laufenden Fernsehapparat.
Die Temperatur
ist tagsüber recht angenehm, nur nachts wird es frisch, aber
alles ist besser als das Zweitligawetter, dass meine Wetter-App
aus der Heimat meldet. Endlich einmal Zeit, um die Symbiose
zwischen Tier und Mensch am eigenen Leib zu erfahren. Haben
die Fliegen von den Pferden genug, kommen sie zu mir, und umgekehrt.
Wenn die Pferde äpfeln, drehen sie mir den Rücken zu. Ich werte
das als einen Vertrauensbeweis.

Warum
ich ihnen das alles verzähle? Weil ich beabsichtige, diesen
Erlebnisaufenthalt aus der südfranzösischen Provinz beim Finanzamt
einzureichen - in der Hoffnung, den Urlaub steuerlich geltend
machen zu können. Ich erzähle Ihnen das aber auch deshalb, weil
sich unter Frankreich-Reisenden so langsam ein Kribbeln ausbreitet.
Wer Sprit will, muss lang anstehen und bekommt nicht mehr als
30 Liter. Ein Hauch von Abenteuerurlaub liegt über den Touristencamps.
Ein
Freund von mir setzt von der Tanke aus einen Notruf an seine
Whatsapp-Gruppe ab. Er will wissen, ob er seinen Diesel auch
mit Rotwein befeuern kann. Es gibt etliche Kommentare, aber
nichts, was ihm wirklich weiter hilft.
Das
sei erst der Anfang, sagt mir die Leitstute. Irgendwann würden
sie den Sprit nur noch in Pastisglasmengen austeilen. Gemeldet
wird, in Paris sei Diesel inzwischen begehrter als Champagner.
Dann
erzählt die Stute was von einer kommunistischen Gewerkschaft,
die aus Protest gegen eine Arbeitsmarktreform die Treibstofflager
blockiere. Mehr verstehe ich nicht, was nicht am mangelnden
Pferdeverstand liegt, sondern am schlechten Französischunterricht,
den ich so vor 40 Jahren genossen habe.

Mich
lässt der Spritmangel kalt. Als ich mich mal kurz von der Koppel
entferne und mit dem Fahrrad einen Berg hochfahre, kommt mir
eine Horde aufgedrehter Motorradfahrer entgegen. In dem Moment
wünsche ich mir, sie drehten den Zapfhahn bald ganz ab. Über
meine Heimreise mache ich mir keine Gedanken. Die Leitstute
gab mir zu verstehen, sie könne sich vorstellen, mit mir auf
dem Rücken in Richtung der aufgehenden Sonne zu trotten. Vielleicht
sollte ich mal googeln, wie der Lucky-Luke-Song "I'm a
poor Lonesome Cowboy" auf französisch geht.
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