Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (13. März 2016)
 
Totlachen
 

   Es gibt Konzerte, da kommt der Künstler auf die Bühne, sagt „Hello Germany, I love you“ – dann geht es los. Keine Mensch stört sich daran, dass nicht ganz Germany in der Halle versammelt ist. Jeder weiss, dass im Popgeschäft der Grössenwahn daheim ist. Auch sind alle froh, dass der Künstler Englisch spricht. „Hallo Deutschland, ich liebe euch“ würde sich blöd anhören. Im Lauf des Abends sagt der Künstler mehrfach dem Publikum, dass es grossartig sei. Die Menschen jubeln und freuen sich.

   Dann gibt es Konzerte, da kommt der Künstler auf die Bühne, setzt sich an ein Klavier, zieht eine Augenbraue hoch und sagt auf Englisch: „Ich bin die Vorgruppe. Die richtige Band kommt später.“ Das ist natürlich ein Witz. Das Publikum ist wegen dieses Künstlers gekommen. Es versteht den Witz, lacht und applaudiert. Der Künstler fängt zu spielen an. Später kommt seine Band dazu.



   Der Künstler sagt im Lauf des Abends noch allerhand zwischen den Songs, ich habe nicht alles verstanden, aber das, was ich verstanden habe, klang häufig ironisch. Ich habe hin und wieder gegrinst, manchmal gelacht, so wie die meisten Leute in der Halle. Es hätte also ein schöner Abend werden können, wäre hinter mir nicht eine Frau gestanden, die sich dadurch ausgezeichnete, dass sie immer lauter als der Rest gelacht hat.

   Ich kenne solche Typen. Man trifft sie oft auf Jazzkonzerten. Jazzmusiker, vor allem die aus dem englischsprachigen Raum, haben häufig einen Hang zur Ironie. Sie machen witzige Ansagen, obwohl ihre Musik ernst gemeint ist. Nicht selten kommt es vor, dass einer im Publikum hockt, der lauter lacht als der Rest. Und immer als Erster. Sein Lachen kommt nicht von innen, es wirkt aufgesetzt. Ich vermute, er lacht nur deshalb so laut, um dem Publikum zu zeigen, dass er des Englischen mächtig ist.

   Ich glaube, die Frau hinter mir war eine von der Sorte. Ich hätte mir gewünscht, sie hätte mal richtig gelacht, hemmungslos. Von mir aus hätte sie sich gern totlachen dürfen.

 

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