Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (28. Februar 2016)
 
Britische Rabattmärkchen
 

   Es ist soweit. Die Briten haben nach monatelangem, erbittertem Ringen einen neuen Britenrabatt bekommen. Es war ein zäher und erbarmungsloser Krieg um Privilegien, den ältere Beobachter in Brüssel mit der Luftschlacht um England verglichen. Londons Premier Cameron drückte Augenzeugen zufolge seinen belgischen Gegenspieler mit dem Kopf in eine Wanne mit britischem Pudding, bis dieser klein beigab. Anderen Kontrahenten legte der Premier tote Füchse vor die Hotelzimmer, besonders hartleibige Verhandlungspartner versetzte er mit einem sechstündigen Monolog über das englische Wetter in willenlosen Halbschlaf.



   Am Ende wurde der Britenrabatt von allen Überlebenden gebilligt. Das ist gut, denn er hat eine uralte Tradition. Den Briten wurde schon im Mittelalter erlaubt, aus Jux auf der linken Strassenseite zu fahren. Sie durften Hunde auf Füchse jagen und hautreizende Tweedanzüge tragen, die zivilisierte Länder als Folterwerkzeuge verbannten. Später wurde den Briten auch in Friedenszeiten das Tragen von SS- und Wehrmachtsuniformen erlaubt - aber nur in einem erweiterten erotischen Kontext, also beim Sussex, Wessex oder Essex mit irgendwelchen Gespielinnen. Den Höhepunkt erreichte die Rabattschlacht um England, als Maggie Thatcher die Zollschranken für Haarspray zu Fall brachte.

   Jetzt hat England durchgesetzt, dass kein in Europa ausgeschenktes Bier eine Schaumkrone haben darf, die mehr als zwei Millimeter hoch ist und Ähnlichkeit mit der britischen Königskrone hat. Tschechen und Bayern hätten vor Wut geschäumt, heisst es. Am Finanzplatz London dürfen mit dem Geld künftig auch die Anleger verbrannt werden. Der englische Regen wird zum Unesco-Kulturerbe erklärt und auf Gemüse und Obst werden Einfuhrzölle erhoben, um die Inselbewohner vor dem verderblichen Einfluss der ungewohnten Kost abzuschirmen. Zudem wird es den Briten erlaubt, ihren gesamten organischen Abfall in Schafsdärme zu pressen und als Delikatesse zu verkaufen. Das Veto der Griechen verhinderte den britischen Plan, diese Spezialität bei allen EU-Gipfeln servieren zu lassen. Aus Respekt vor der traditionellen Farbe der Herrenunterwäsche in der britischen Oberschicht ist der Rabattvertrag mit rosa Tinte geschrieben. Nicht zuletzt wird der Sonnenbrand in ganz Europa steuerlich absetzbar.



   Die Frage ist allerdings, ob diese erkämpften Privilegien David Cameron retten können. Einer seiner Hauptkontrahenten, ein mit dem Fahrrad durch London irrlichternder mit struppigem Blondschopf, will nicht eher ruhen, bis auf Eurokratie die Todesstrafe steht. Zum Schwur kommt es im Juni, wenn Grossbritannien über die endgültige Abspaltung von Europa abstimmt. Das Ergebnis ist absehbar: Mit einem kräftigen Stoss wird sich die Insel vom Kontinent lösen und auf den Wellen des Golfstroms einer heiteren Zukunft entgegenschaukeln. Man wird die Briten langsam vergessen - bis zu dem Moment, wo einer ihrer Premiers wieder seine Rabattmarken herausholt.

 

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