Schön, meine Damen und Herren,
dass Sie hierhergefunden haben. Ist ja heutzutage keine Selbstverständlichkeit
mehr, dass man als schreibender Zeitgenosse noch sein Publikum
findet. Wobei ich natürlich nicht weiss, wie Sie zu mir gelangt
sind, über Twitter, Facebook, Google. Oder ob Sie noch zu jener
womöglich aussterbenden Spezies gehören, die dem Papier den
Vortritt gibt.
Ich persönlich halte
es mit dem Papier. Wie wertvoll dieses Material ist, habe ich
erst diese Woche wieder festgestellt, als ich auf dem Redaktionsklo
sass und kein Papier mehr da war. Da hätte ich mir gewünscht,
dass einer dieser Kerle reingekommen wäre, der ständig für ein
papierloses Büro plädiert. Aber das steht auf einem anderen
Blatt.

Selbstverständlich
folge auch ich dem Credo des modernen Journalismus’: Wenn Du
was weisst, schiesse aus der Hüfte. Und zwar auf möglichst vielen
Kanälen. Neulich habe ich auf einem Seminar erfahren, dass junge
Leute, wenn Sie im Netz etwas suchen, gar nicht mehr erst zu
Google gehen, sondern zur Videoplattform Youtube. Dort finden
sie auf anschauliche Weise die Lösung ihres Problems.
Katzenvideos
gehen immer und überall
Seit ein Kollege
das mitbekommen hat, dreht er mit seinem Handy ständig Filmchen.
Sein bevorzugtes Objekt sind die Fische seines Aquariums, vermutlich,
weil er in dieser Jahreszeit nicht gern vor die Haustüre geht.
Wenn er erst als Aquariumfilmer eine Marke ist, sagt er, werde
er sein Netz weiter auswerfen und auf Youtube seine Artikel
vorlesen.

Ich
fürchte, der Kollege setzt aufs falsche Tier. Wer wirklich multimedial
beachtet werden will, muss Katzenvideos drehen. Katzenvideos
gehen immer und überall. Und das schon seit Jahren. Ich hätte
das längst getan, leider bin ich Katzenhaar-Allergiker. Früher
hätte einen das als Journalisten kaum gejuckt, abgesehen davon,
dass man für Artikel über die örtliche Katzenhilfe eher ungeeignet
war. Inzwischen muss ich mir eingestehen: Die ganz grosse publizistische
Karriere ist mir als Katzenhaar-Allergiker verbaut.
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