„Just als der hochgewachsene
Baron von Lichthofen mit seinem Jaguar den Weg zum Gestüt einschlug,
setzten bei seiner Lieblingsstute Carla die Wehen ein“ ist ein
tadelloser, wenn nicht gar schöner Satz. Leider zählt er abzüglich
der An- und Abführungsstriche 150 Zeichen und ist zu lang, um
über den Kurznachrichtendienst Twitter verschickt zu werden.
Er
ist zehn Zeichen zu lang, und es wäre zu überlegen, ob man nicht
auf „hochgewachsene“ verzichten kann. Aber dann wäre es nicht
mehr derselbe Satz – und auch nicht mehr derselbe Baron.

Jack
Dorsey, der Chef von Twitter, sprach sich kürzlich dafür aus,
die 140-Zeichen-Einschränkung bei Twitter aufzuheben. Ob er
dabei den Satz „Just als der hochgewachsene Baron von Lichthofen
mit seinem Jaguar den Weg zum Gestüt einschlug, setzten bei
seiner Lieblingsstute Carla die Wehen ein“ vor Augen hatte,
ist nicht überliefert. Auf jeden Fall war das Echo auf die Ankündigung
geteilt. Viele Twitter-Nutzer fürchteten, hinterher sei Twitter
nicht mehr Twitter, der Kurznachrichtendienst könne in eine
Identitätskrise geraten.
Ich kann die
Kritiker verstehen, auch wenn ich Twitter nicht häufig nutze.
Twitter ist für mich eine gute Schule, die zur Kürze mahnt.
Twitter ist, wenn man so will, die gestrenge Gegenspielerin
zur E-Mail, die ja jede Textlänge klaglos schluckt.
Die
Längen bei Twitter sind nicht verhandelbar, man kann die Tweets,
anders als etwa diesen Text, nicht mit einem technischen Kniff
quetschen. Alles, was mehr als 140 Zeichen hat, wird nicht verschickt.
Basta! Weder die Bibel noch das „Kommunistische Manifest“ hätten
via Twitter verbreitet werden können (allerdings ein Link, der
zu den Werken führt).
Die Würze von
Twitter liegt in der Kürze. „Jesus kritisiert Gott“; „Marx und
Engels wenden sich vom Kommunismus ab.“ Das sind Sätze, gegen
die kommst du mit „Just als der hochgewachsene Baron von Lichthofen
mit seinem Jaguar den Weg zum Gestüt einschlug, setzten bei
seiner Lieblingsstute Carla die Wehen ein“ einfach nicht an.
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