Bin eben von meinem Föhn
angerufen worden. Er trieb sich in den vergangenen Tagen auf
der Elektronik-Messe CES in Las Vegas herum. Ab einem gewissen
Alter verlangt die Haarpracht eines Mannes nicht mehr nach einer
täglichen Föhnung. Da ich eben nicht Trump bin, dachte ich also:
"Gönn' deinem Föhn eine Auszeit."
Ausserdem
wollte ich ihm bei seiner Fortbildung nicht im Wege stehen.
Ist schliesslich ein intelligenter Föhn. Noch bevor ich etwas
spüre, merkt mein Föhn, wenn mein Haar trocken ist. Dann sagt
er mir mit der deutschen Synchronstimme von Bruce Willis kurz
und trocken "Trocken!". Bevor mein Haar Feuer fängt,
schaltet sich mein Föhn ab. Ich vermute, das macht er nicht
nur mir zuliebe, sondern auch aus Selbstschutz.

Als
intelligenter Föhn ist mein Föhn vernetzt mit Gott und der Welt.
Also auch mit mir. Deshalb könnte ich, wenn ich wollte, auf
sämtlichen modernen Geräten in meinem Haushalt verfolgen, wo
sich mein Föhn gerade rumtreibt, ob er sich wirklich auf der
CES die neuesten Elektronikspielsachen anschaut - oder sich
dem Glücksspiel hingibt. Selbst wenn er fremdföhnen würde, tät
mir das nicht entgehen.
Es ist nicht
so, dass ich meinem Föhn misstraue. Wir haben ein gutes Verhältnis.
Wer meint, seinem Föhn nicht mehr über den Weg trauen zu können,
bringt ihn besser auf den Elektronikschrott. Aber es beruhigt
einen doch irgendwie, wenn man - zumindestens theoretisch -
schauen kann, was sein Föhn in Las Vegas alles so treibt. Ich
meine, ich war auch schon in Las Vegas. DIe Stadt hat so ihre
Verlockungen. Auch für einen Föhn.
Es
gibt Menschen, die warnen vor einer komplett vernetzten Zukunft.
Sie fürchten, irgendwann könnten sich die miteinander kommunizierenden
Smartphones, Kühlschränke und Toaster gegen die Menschheit verbünden.
Ein heisses Thema. Ich habe darüber mit meinem Föhn gesprochen,
als ich ihn zum Flughafen brachte. Er sagte, das werde nicht
passieren. Seine elektronischen Brüdern und Schwestern seien
Dienstleister, Schaltkreis für Schaltkreis. Für ihn beispielsweise
sei ein Leben ohne meine Resthaare witzlos. Geht mir genauso.
Niemals zuvor war mir ein Föhn so nah.

Für
mich ist die digitale Welt ein Segen. Mittlerweise muss ich
nicht mal mehr ins Internet schauen, um zu erfahren, welcher
technische Schnickschnack diese Woche in der Wüste von Nevada
vorgeführt wurde. Das flüsterte mir mein Föhn. Dank ihm weiss
ich nun, die Renner waren erstens Fitnesshalsbänder für Hunde
und Katzen, die den Kalorienverbrauch der Viecher ermitteln
und die Daten im Bedarfsfall an den Tierarzt weiterleiten. Zweitens
Überwachungskameras, die erkennen, ob ein Vier- oder Zweibeiner
ums Haus schleicht. Drittens Kühlschränke, die ausschauen wie
der putzige "Star Wars"-Roboter R2-D2 und sechs Dosen
Bier packen.
Dass mir mein Föhn aber
einen Rotlichthelm ans Herz legt, der mir die Haare wieder wachsen
lässt, gab mir dann doch zu denken.
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