Zwischen den Jahren - das
war bislang immer die Zeit, in der Deutschland vor sich hin
döste, die Verdauungsprozesse, das tektonische Level eines Erdbebens
der Stärke sieben auf der nach oben offenen Kilojoule-Skala
erreichten, in der Choräle und Bratendünste den Schnee zum Schmelzen
brachten. Doch diesmal war die Luft erfüllt von Vogelgezwitscher
und dem Geschrei von Kindern, die sich an Brunnen unter den
erfrischenden Wasserstrahl stellten. Das nervenzerfressende
Schaben der Eiskratzer wurde abgelöst vom Kratzen sehniger Skilehrerhände,
die nervös durchs Brusthaar ihres Herrn pflügten und die Ankunft
jeder schneeverheissenden Wolke mit einigen Flaschen Skiwilly
zelebrierten. Es nutzte nichts. Die Sonne gleisste unbarmherzig,
Weihnachtsmänner hinterliessen Pfützen von Schweiss, in denen
sich das Lächeln der Rauschgoldengel, die in Bikinis durch Fussgängerzonen
flanierten, zur Grimasse verzerrte. Mitte der Woche indes bahnte
sich die Wetterwende an. Man munkelt, der Papst hätte eingegriffen.

Klimawandel,
raunten die einen, andere verwiesen auf eine nicht durch Natodraht
gesicherte Luftmassengrenze, die von einer südwestlichen Strömung
durchbrochen wird. Neufundland sei schuld, maulten dritte und
forderten ein Einreiseverbot für die skandinavische Grosswetterlage.
Klar ist, über Süd- und Osteuropa lag bleiern der Hochdruck
und die Westbalkanroute kann sowieso niemand mehr kontrollieren.
Der Polarstream wirbelte ohne Sinn herum und Deutschland liegt
wie immer irgendwo dazwischen.
Beobachter
allerdings bezweifeln die meteorlogische Exegese der eisern
lächelnden Wetterfeen in den Fernsehsendern. Luftmassenverschiebungen
gab es schliesslich bereits im Mittelalter und kein Mensch habe
sich beschwert. Neu sind dagegen die Wolken aus Facebook-, Twitter-
und Instagrampartikeln, die sich als digitale Luftmassenströmung
über Mitteleuropa breitmachten. Sie zeigten Bilder von Blaufichten,
Katzen unter Blaufichten, Katzen, die in Blaufichten springen,
Lametta, das von tobsüchtigen Katzen zerfetzt wird, qualmenden
Ofenschlünden, die Süssteigprodukte entlassen, schliesslich
brennende Blaufichten und ikonische Grimassen aus dem digitalen
Reservoir.

Mehr
noch. Nie zuvor wurden so viele Vorsätze veröffentlicht geteilt.
Der "Handykurier" berichtet, Horst Seehofer habe seinen
persönlichen Referenten, einen gewissen Dr. phil. tel. Raphael
Attenwenger, beauftragt, alles über Seinsmerkmale wie Gelassenheit,
Selbstkritik und Duldsamkeit herauszufinden. Ihre anschliesende
Freisetzung habe in Bayern ein Mikroklima von lichter Heiterkeit
entfesselt, die an die Zeit des Märchenkönigs Ludwig erinnerte.
Experten erwarten, dass diese Wolken an Gutgemeintem frühesten
in 30 Jahren abgebaut sind - aber nur, wenn sich die Industriestaaten
auf ein Zwei-Tweet-pro-Tag-Ziel einigen. Aus dem digital überspülten
Mitteleuropa würden dann nur noch die Alpen herausragen. Ob
sie dann noch beschneit werden können, ist offen.
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