Eine Kollegin bat mich,
einen Artikel für die Sylvesterbeilage aus der Perspektive eines
Hundes zu schreiben. Er solle lustig sein, der Artikel, nicht
der Hund.
Ich bin kein Schauspieler,
habe wenig Erfahrung darin, mich in andere Rollen hineinzudenken.
Einmal spielte ich in meiner Kindheit einen Tannenbaum. Die
Tannenzweige meines Kostüms pieksten, aber ich ertrug das. Schliesslich
war es eine tragende Rolle. Aber so einen Tannenbaum muss man
ganz anders anlegen als einen Hund.
Hin
und wieder habe ich mir auch schon von Frauen anhören müssen,
ich besässe keine Empathie. Ich fürchte, das sind keine idealen
Voraussetzungen, um sich in einen Hund einzufühlen - zumal es
sich um einen prominenten Hund handelte. Die Rede ist von keinem
geringeren als Flecki, jenen schwarzen Mischlingsrüden, der
im Sommer auf einem Rastplatz an der A 8 bei Ulm ausgebüxt war.
Flecki wurde zum Medienstar, nachdem durchgesickert war, dass
seine Besitzer, ein gewisser Sven H. und seine Freundin Lisa
M., auf dem Rastplatz ihr Zelt aufgeschlagen hatten, um dazusein,
falls das arme Tier wieder zurückfinden sollte.

Ich
fragte mich, warum die Kollegin, die mir den Auftrag erteilt
hatte, den Artikel nicht selbst schrieb, sie hat, wenn ich mich
nicht irre, einen Hund mit dem schönen deutschen Vornamen Wilhelm.
Aber bei Hundebesitzern ist man naturgemäss vorsichtig. Man
fragt lieber nicht nach, das Tier könnte gestorben sein. Oder
eine Wurmkur durchmachen.
Gerade als
ich mich mit der Hunderolle gedanklich anzufreunden begann,
kam ein Kollege vorbei und sagte, er solle mir ausrichten, dass
der Hundeartikel gestrichen sei. Ich war enttäuscht und schrieb
der Kollegin, dass die Nachricht schon etwas meine Lebens- und
Karriereplanung durcheinanderbringe. Ich würde morgens nicht
mehr joggen, sondern mit mir Gassi gehen. Die Kollegin antwortete
mir Folgendes: "Für mich wirst du immer Flecki bleiben:"
Ich
glaube, so etwas Schönes hat mir noch nie eine Frau geschrieben.
Ich lief schwanzwedelnd durch die Redaktion.
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