Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (29. November 2015)
 
Das Haar in der trüben Suppe
 

   Traurig taumelt das Wetter durch den Herbst wie ein Stürmer des VfB Stuttgart im gegnerischen Strafraum. Die nasskalte Novemberwitterung schlägt auf Gemüt, ist mies für Aktienkurse und Sommerreifen, von Teint und Frisur ganz zu schweigen. Der Nebel nimmt dem Haar Struktur und Widerstandskraft. Selbst der störrischste Wirsingkopf wundert sich sicht, wenn er dieser Tage ein Jobangebot als Fritteusentaucher erhält oder mit dem "Star Wars"-Zottel Chewbacca verwechselt wird.

   Wollmützen liegen deswegen stark im Trend, sind aber keine Lösung. Vor allem nicht für Singles, die noch jemand bei einem Weihnachtsmarktbesäufnis kennenlernen wollen und den Lebensabend nicht mit einem entzauberten Thermomix verbringen wollen. Die Stiftung Warentest warnt im Übrigen vor Bommelmützen, die zurzeit überall unterwegs sind. Jede zweite sei kindisch und mache auf Dauer unfruchtbar, hiess es. VW hat angekündigt, Haarnetze unter den müffelnden Mützen einzubauen, die Fliegengitter für die Birne finden sich im Drogeriemarkt gleich neben den Schuppenshampoos und den angesagten Charlene-von-Monaco-Kurzhaar-Fifis. Experten bezweifeln, ob sich mit dem billigen Gezuppel die Stickoxide senken lassen.



   So wird der Generation Wichtel nicht nur aus ästhetischen Gründen das Tragen von vertifizierten, von TÜV unter realen Strassenbedingungen strapazierter Plüschtieren der Marke Puschelwuschel und Puschelmuschel empfohlen. Aber Achtung! Rechtscheitelträger und Glatzen könnten die knuffigen Bären und Hasen auf den Boden werfen, sie aufreissen, das Füllmaterial herausziehen, verschlucken und schlimmstenfalls daran ersticken wie an einer dieser ungedämmten Sonntags-Glossen.

   Das Problem des mangelnden Haarvolumens im Herbst beschäftigt auch mediale Lockenwickler, Abschaumfestiger und heiss föhnende Diktatoren in anderen Ländern. Widerborstigen Regimegegnern und Journalisten ohne Schere im Kopf drohen Verhaftungen und Massenenthauptungen. Schneidig geht es in Nordkorea zu, wo Kim Jong Un den Stilgott gibt. Der Powerpummel hat erneut all seinen langmähnigen Untertanen befohlen, ab sofort seine Frisur zu kopieren. Nacken und Seitenpartien werden in Pjönjang traditionell mit nuklearen Nasenhaartrimmern ausrasiert. Wer das überlebt, wird anschliessend in einem Umerziehungslager zu einer regimetreuen Pneumatikbürste gleichgeschaltet.



   In Deutschland will zwar niemand aussehen wie das auftouperte Hinterteil eines Pavians, doch auch hier gibt es die Tendenz hin zur Einfrisuren-Demokratie. Der Merkelbob wird immer beliebter, vor allem bei der Opposition. Die Grünen haben letztens bei bei einem Coiffeurwettbewerb im Bundestag gar ihr onduliertes Topmodel Anton Hofreiter posieren lassen, um die Wellen in Sachen Flüchtlingspolitik zu glätten. Niemand verstand ein Wort, doch alle waren fasziniert von diesem Haar: Vorn Merkel, hinten Günter Netzer. Stets weich fallend. Eine tolle Frisur für den Herbst.

 

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