So ein Streik ist keine
einfache Angelegenheit, egal, auf welcher Seite der Barrikaden
man kämpft. Nehmen wir nur mal den Lufthansa-Chef Carsten Spohr.
Der musste diese Woche von Berlin nach München. Da er zugempfindlich
ist, blieb Spohr gar nichts anderes übrig, als mit der Konkurrenz
zu fliegen, der Billigflug-Airlinie Air Berlin.
Mein
Bedauern hat der gute Mann. Erst der Schmach, dass die eigene
Firma nicht abhebt, dann die Sitze in der Holzklasse, und in
der Zeitung musste er über sich lesen, dass es "fremd geflogen"
sei.
Es sei nicht aussergewöhnlich,
sagte Spohrs Sprecher, dass sein Chef auch mal mit einer anderen
Airlinie fliege. Schliesslich könnte nicht jede Strecke von
der Lufthansa-Gruppe bedient werden. Das mag stimmen, lässt
aber die psychologische Dimension völlig ausser acht. Ob der
Lufthansa-Chef in normalen Zeiten einen Konkurrenz-Flieger besteigt
oder während eines Arbeitskampfs ist ein himmelweiter Unterschied.
Das Lächeln der Stewardess beim Einsteigen - musste das auf
Spohr nicht wie Häme gewirkt haben?

Ich
stelle mir das schrecklich vor. Da sitzt du in einem Billigflieger
und würdest dich am liebsten ins Handgepäckfach verkriechen.
Womöglich wurde Spohr über Bordlautsprecher vom Kapitän höchstpersönlich
begrüsst: "Willkommen, meine Damen und Herren, an Bord
des des Fluges AB 6209 von Berlin nach München. Ganz besonders
grüsse ich ..." Spätestens hier wäre ich in die Luft gegangen.
Dann,
beim Verlassen der Maschine, wieder die lächelnde Stewardess:
"Wir hoffen, Sie hatten einen guten Flug!" So was
sagen die doch sicher auch in Billigfliegern. Das kostet ja
nix.
Aber gut, als Lufthansa-Chef muss
man so eine Schmach nur in Streikzeiten ertragen. Als Bahnchef
bist du ständig der Depp. Hockst im Zug, drumherum die dauernölende
Kundschaft, die sich beschwert, dass man schon wieder mal den
Anschluss verpasst. Da kannst du nur hoffen, dass dich kein
Mensch erkennt. Vielleicht wie Bahnchef Grube mit Vollbart.
Oder er ist Vielflieger.
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